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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 29.1918

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Kraft, Leonhard: Ein neuer Kaffee-Raum in Halle
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https://doi.org/10.11588/diglit.10022#0188

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172

INNEN-DEKORATION

ARCHITEKT BRUNO FOHRE—HALLE

RAUM IM KAFFEE BAUER—HALLE

EIN NEUER KAFFEE-RAUM IN HALLE

Dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze! klagt
der Dichter. Doch blüht nicht ihm allein dies Los,
auch dem schaffenden Künstler bleibt es nicht unbekannt,
wenn auch das Bild von manchem rasch vergänglichen
Werke etwas bewahren mag. Was aber für den Augen-
blick geschaffen wird und mit dem Augenblick vergeht,
ist doch ein so impulsives Kind seiner raschlebenden Zeit,
daß es, vom Zurückblickenden genossen, seine intimsten
Reize gar nicht mehr offenbart. Jede Festdekoration be-
weist das und fordert, daß man bei ihrer Bewertung einen
anderen Maßstab anlegt, als an das künstlerische Schaffen,
das für unbegrenzte Zeiten wirken will. Und wie oft läßt
sich doch vor solchem der Gedanke nicht unterdrücken,
daß man mehr oder minder graziösen Augenblickslaunen
gegenübersteht, die leider in nur zu dauerhaftem Material
Gestalt gewonnen haben und damit verurteilt sind, dem
Fluche der Gleichgültigkeit oder Schlimmerem zu ver-
fallen. Da ist der Mime, dessen Werk im Augenblick
vergehen muß, geradezu im Vorteil. Kein von veränder-
tem Empfinden beseelter Spätergeborene kann sich seiner
Schöpf ung kritisch gegenüberstellen. Er hat demAugenblick
allein gedient, und wo die bildende Kunst dies tut, kann
auch sie verlangen, daß der Standpunkt, den man solchen
Gestaltungen gegenüber einnimmt, dadurch bestimmt ist.

Das neuzeitliche Leben ruft nach der Hülfe der Kunst,
weil es sie braucht; nicht um ein gleißendes Gewand
über ein sonst dürftig erscheinendes Gerippe zu werfen,
nein, weil Gedanken und Stimmungen, die in die Masse
hineingeworfen werden sollen, den Weg in diese oft nur
durch die Kunst finden, und nur durch sie für eine ge-
wisse Zeitspanne lebendig erhalten werden können. Denn
die Reklame braucht ja nicht in abstoßender oder jedes
künstlerischen Reizes entkleideter Form aufzutreten. Sie
wird ihrer Sache um so besser dienen, je vollendeter
ihre Form ist. Und niemand wird es ihren Schöpfungen
dann übel anrechnen, wenn sie geradezu Aufsehen er-
zwingen wollen und dies Streben zu einem Motiv des
künstlerischen Schaffens geworden ist. So wenig dies
etwas Verwerfliches sein kann, so wenig darf dieser Zweck
bei der Beurteilung aus dem Auge gelassen werden. Es
ist nicht hohe und höchste Kunst, der man gegenüber-
steht, es ist Augenblickskunst, vielleicht auch stark von
jenem Geiste durchtränkt, der zum Widerspruch reizen
will, weil er so einen größeren Kreis in den Bann einer
Auseinandersetzung zwingen und dadurch jene gewollte
Aufmerksamkeit erregen kann, die solch ein Augenblicks-
werk fordert, um den gewünschten materiellen Zweck
zu fördern und zu erreichen. Ein Kostüm, dessen Reize
 
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