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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 30.1919

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Kraft, Leonhard: Ein stiller Seitenpfad der Kunst, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10021#0131

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INNEN-DEKORATION

111

architekt amandus heller—elbing

entwurf zu einer wohndiele

EIN STILLER SEITENPFAD DER KUNST

(scbluss von sehe 94)

Was aber für den Hauptraum gilt, ist auch für die
Nebenräume richtig, erst recht für die Hauptmasse
der Räume, die Krankensäle und die ihnen angeschlosse-
nen Sonderbetriebsräume. Uberall drängt es hier auf ein
Arbeiten in der Fläche. Das Relief ist verbannt und
geradezu geächtet; Fußboden, Wände und Decke fließen
in weicher Rundung in einander über, und alles steht in
starker, aber nicht greller Lichtfülle. Die Ausstattung
der Säle, in immer gleicher Reihung, gibt den Grundge-
danken, dem der Künstler folgen muß. Mag er ihn nun
dazu führen, durch jene Reihungen auf ein zusammen-
fassendes Raumziel hinzudrängen oder in gleichmäßigem
Nebeneinander Feld an Feld zu fügen, immer wird er allein
auf wenige Durchbrechungen der Fläche und die Farbe
als Elemente seiner Gestaltungskunst angewiesen sein.

In Flur, Treppenhaus und Eingangshalle scheint die
künstlerische Aufgabe leichter gestellt zu sein. Doch ist
dies trügerisch und verführt gar oft zu Gestaltungen, die
dem Wesen des Krankenhauses fern liegen. Der Kranken-
hausgedanke ist ein ernster, und er verträgt keine spiele-
rische Behandlung, auch nicht in den Räumen, welche
von den Außenstehenden betreten werden. Man darf
nicht ein fühlbares und sichtbares Nachlassen der Ge-

staltungsfähigkeit auf dem Wege vom Eingang bis ins
Innerste hinein empfinden, es muß ein Wirken von innen
nach außen, auch in der künstlerischen Behandlung sich
durchsetzen. Der Geist, der um die künstlerische Ge-
staltung der Operations- und Krankensäle ringt, muß bis
zum Portal hin erkennbar bleiben, dr. Leonhard kraft.

ä

Im Wegnehmen mehr als im Hinzufügen besteht oft die
Aufgabe der Ästhetik. Was sich leider im Großen nur
selten erreichen läßt, kann jedoch vielfach im Kleinen ge-
lingen. Wir dürfen nicht Straßenzüge um der Schönheit
willen zerstören, aber unsere Wohnungen, unsere Gärten,
unser tägliches Dasein von vielem unnötigen Schnick und
Schnack befreien. Es ist überraschend, wie schön die Ein-
fachheit wirkt, wie leicht es ist, ihr einen besonderen per-
sönlichen Reiz zu verleihen und sie dadurch vor dem Ein-
tönigen und Nüchternen zu bewahren. Großtuerei ist
eigentlich die Mutter alles Bösen auf dem Gebiete der
Schönheit. Immer wird es für uns erstaunlich bleiben, wie
in Kunstdingen das 19. Jahrhundert den Mund voll nahm
und wie wenig es darin zu sagen hatte. Leider stammen
aus dieser Zeit, aus diesem Interregnum des Geschmacks
noch viele treffliche Leute, die man ihrer sonstigen Wür-
digkeit halber in Komitees und Gemeinderäte wählt, oder
mit hohen Stellen auszeichnet, a. v. gleichen-russwurm.
 
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