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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 30.1919

DOI Artikel:
Kraft, Leonhard: Das künstlerische Ornament
DOI Artikel:
Zimmermann, Ernst: Zukunfts-Aufgaben der Kunst, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10021#0214

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194

INNEN-DEKORATION

»MUSIKZIMMER IN EINEM MQNCHENER HAUSE« ATELIER DER POSSENBACHER WERKSTÄTTEN

können, welche sich feinfühlig in den Organismus des
Ganzen einzuleben sucht und ihm etwas gibt, was ohne
ihre Mitwirkung zum Schaden des Werkes fehlen muß.
Ja oft wird erst eine solche Mitarbeit die vom
Architekten angeschlagenen Töne zur vollen
Melodie ausgestalten. Die leicht gegebene Gefahr der
Dissonanz und des Hervordrängens der Begleitung soll
nicht unterschätzt werden. Der wahre Künstler wird ihrer
Herr werden und sich eben in der weisen Beschränkung
als Meister erweisen.......... dr. Leonhard kraft.

£

KUNST UND CHARAKTER. In der Kunst ist tat-
sächlich einzig und allein das schön, was Charakter
hat. »Charakter« heißt die große innere Wahrheit eines
jeden schönen oder häßlichen Naturschauspieles. Was
in der Natur für häßlich gilt, zeigt oft mehr Charakter als
das, was man für schön hält, und da einzig die Macht des
Charakters die künstlerische Schönheit bedingt, so ge-
schieht es häufig, daß ein in der Natur äußerst häßliches
Wesen in der Kunst nur um so schöner wird. Häßlich
ist in der Kunst das, was weder eine äußere noch eine
innere Wahrheit besitzt, was falsch und künstlich ist, alles
was etwas scheinen möchte, ohne es zu sein, alles was
lügt. Jeder, der den Namen Künstler mit Recht führen will,
muß die ganze Wahrheit der Natur ausdrücken, nicht
nur ihre äußere, sondern vor allem ihre innere, rodin.

ZUKUNFTS-AUFGABEN DER KUNST

Prophezeien ist immer eine mißliche Sache und ganz
besonders in unseren Tagen, da so viele Voraus-
sagungen, die wir voller Mut und Hoffnung während des
Krieges gemacht, uns so überaus grausame Enttäuschungen
gebracht haben und wir jetzt durch den Ausgang des-
selben in Verhältnisse gebracht worden sind, die zu einzig
sind, um deren Weiterentwicklung mit nur einigermaßen
Zuversicht irgendwie voraussehen zu können. Dennoch
dürfte für die nächste Zukunft völlig feststehen, daß das
trostlose Ende dieses uns so beispiellos schwächenden
Krieges, sowie die gewaltigen Erschütterungen der an
diesen sich anschließenden politischen und sozialen Um-
wälzungen auch unser ganzes Kulturleben und damit auch
die zu diesem gehörende Kunst auf das allerstärkste und
leider nicht in der erfreulichsten Weise beeinflussen wer-
den. Kultur ist immer in gewisser Beziehung Luxus, d. h. sie
kann nur aufkommen und bestehen in Zeiten, die reich
und gesichert genug sind, Gesellschaftsschichten empor-
kommen zu lassen, die günstig genug gestellt sind, um
neben der Befriedigung der ersten unumgänglichen Be-
dürfnisse des Lebens sich auch der der weniger dringen-
den zu widmen, die darum Zeit und Muße und auch die
Mittel haben, sich eine Kunst und Kultur zu schaffen und
dann auch wirklich zu erhalten. Kultur und damit auch
 
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