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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 30.1919

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Osthaus, Karl Ernst: Veredelung der Arbeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.10021#0281

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INNEN-DEKORATION

261

ARCHITEKT E. FAHRENKAMP—DÜSSELDORF

WOHNHALLE MIT KAMIN IN EINEM LANDHAUS

VEREDELUNG DER ARBEIT.

Vielleicht glaubt mancher, die Zeit zum Untergang der
Gewerbe, die vom sogenannten Luxus leben, sei ge-
kommen. Die Menschheit müsse sich bescheiden lernen.
Wer früher in Seide ging, solle sich zur Baumwolle be-
quemen, wer von Silber aß, sich an Porzellan genügen lassen.
Aber wer so spricht, hat das Wesen der Kultur noch
wenig begriffen. Es handelt sich nicht um den Besitz. Für
die Kultur ist es ganz gleichgültig, ob dieser oder jener
seine Bedürfnisse auf Seide oder Silber richtet. Nicht
gleichgültig aber ist der Hoch- oder Tiefstand
unserer Arbeit. —

Sollen wir Marmor, Silber und edles Gestein nur
deshalb nicht fördern und verarbeiten, weil es jetzt un-
schicklich wäre, sich durch Aufwand auszuzeichnen? Die
Folge würde sein, daß ein Teil unserer Bodenschätze un-
gehoben bliebe, der Nation eine Quelle ihres Wohlstan-
des verschüttet würde. — Aber was wichtiger ist: sollten
wir aus dem gleichen Grunde unserm Handwerk ver-
sagen, in solchen Stoffen zu arbeiten? Das wäre der
Ruin unserer Phantasie. Die Maschine hat unsern Be-
griff von Arbeit verdorben. Nicht im Gewinn, sondern
in der Arbeit selbst liegt ihr schönster Lohn. Sie kann
und soll daher beglücken. Aber nur solche Arbeit be-
glückt, die unsern Geist beschäftigt. Jeder schaffende
Mensch drängt über sich hinaus. Er will seine Arbeit
durchgeistigen und veredeln. Dem schönsten Stoffe die
schönste Form abringen, wird sein Streben sein. So-
ziale Hebung ist daher in erster Linie Hebung der Ar-

beit. Wem es ernst ist um das Glück des Volkes, muß
in der Lösung dieser Frage den Weg der Zukunft sehn.
— Dem Schaffen steht die Frage des Besitzes an Be-
deutung wesentlich nach. Natürlich wäre es erfreulich,
wenn das Beste, was geschaffen wird, auch dem Genüsse
aller zugängig bliebe. Volkshäuser als Stätten höchster
Leistung wie des Lebens der Gemeinschaft könnten uns
dahin bringen. Solange aber Projekte dieser Art nicht
in Angriff genommen sind, ist es die Pflicht aller und
jedes einzelnen, unsere Kunstfertigkeit nicht er-
lahmen zu lassen, sondern auf allen Gebieten durch
Aufträge zu unterstützen.

Die angeschnittene Frage ist noch in anderer Hinsicht
von Bedeutung. Mit der Rationierung der Rohstoffe wird
unsere Stellung auf dem Weltmarkt erschwert. Die Mög-
lichkeit quantitativer Leistung wird beschnitten. Und
doch ist unser Bedarf an Gütern durch unser Klima sehr
hochgeschraubt. Wie anders können wir den Verlust
ausgleichen als durch Veredelung der Ware? Stoff
und Arbeit machen ihren Wert aus. Die Güte der Arbeit
kann Wert und Menge des Stoffes vergessen machen.
Arbeit ist aber vor allem Zutat des Geistes, des
Geschmackes, des Talentes. Es war die Schuld
der kapitalistischen Wirtschaftsordnung, daß sie diese
Dreiheit aus ihrer Rechnung ließ. Wenn nicht alles
täuscht, wird sie es nun sein, die unser Wirtschaftsleben
vor dem Untergang bewahrt. . . .

K. E. OSTHAUS, IN MITTEILUNGEN DES DEUTSCHEN WERKBUNDES.

1»19. \I1-VIII. 5.
 
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