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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 30.1919

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Zoff, Otto: Glossen zu einem Architektur-Buch
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https://doi.org/10.11588/diglit.10021#0310

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290

INNEN-DEKOfiATIOS

DEUTSCHE WERKSTATTEN A.-C.

LEHNSESSEL UND KL. TEETISCH

GLOSSEN ZU EINEM ARCHITEKTUR-BUCH

(ZU: „HAUSBAU UND DERGLEICHEN" VON HEINR. TESSENOW. VERLAG BRUNO CASSIRER)

Die Fragestellung diesem Buche gegenüber lautet: ob das Hand-
werkliche wirklich in solchem Maße alleinseligmachend ist, als
es der Autor will. (Und mit ihm eine ganze Architektenströmung
dieser Generation.) Zwar meint er selbst, man dürfe das Handwerk-
liche nicht als Alles gelten lassen, sondern nur als Fundament zu Allem.
Aber in der weiteren Ausführung des Buches stellt es sich heraus,
daß er es doch als Alles nimmt, als Fundament und Bau. Es heißt bei
ihm: »Wir schätzten bisher das Gewerbliche gleichermaßen zu hoch
und zu niedrig; zu hoch, indem wir so oft forderten, es solle unser
Leben ganz ausfüllen, und zu niedrig, indem wir so oft übersahen,
daß für alles reife Leben und Arbeiten allein das Gewerbliche oder
Handwerkliche das notwendige praktische Fundament ist. Wir
wollen mehr als das Fundament, aber wir wollen das Fundament
zuerst.« Später heißt es: »Für uns kommt es so ungefähr darauf
an, überhaupt keine Kunst, sondern nur Handwerkliches oder Ge-
werbliches zu wollen; wir wollten bisher, sehr kindlich, sehr viel Kunst
und möglichst kein Handwerk.« Nun ist die Voraussetzung: daß
Kunst ohne das Fundament des Handwerklichen nicht gewollt sein
darf, — wohl richtig. Aber die Folgerung: daß man daher zuerst
das Handwerkliche allein wollen müsse, — erregt Zweifel. Denn
hier setzt die Frage ein: ob es möglich ist, das Handwerkliche vom
Künstlerischen loszuschälen wie von einer Kastanie die Umhüllung.

Es heißt an einer anderen Stelle: »Wir
werden ein Haus im besten Fall gewisser-
maßen vorsichtig kastenartig ausbilden; . .
ein handwerkliches Können und Verstehen
wird uns sagen, daß wir alle Hände voll zu
tun haben, um auch nur unsere dringendsten
Forderungen gewissenhaft und einigermaßen
haltbar zu erfüllen, und wird alle Buntheiten
als oberflächlich, dilettantisch oder unzünftig
ablehnen.« . . Nein, dies geht nicht. Hier
setzt der Widerspruch ein. Gewiß, das Hand-
werkliche sei primär. Aber der Künstler kann
primär von sekundär nicht trennen. Kein
Handwerker kann Material ohne Stil
machen. Der Stil ist ebenso primär. Ge-
werbe und Kunst folgen nicht aufeinander,
sondern sind gleichzeitig da.

Ich schneide Holz zurecht und binde Holz-
teile zu einem Gefüge. Es wird — ohne oder
selbst gegen meinen Willen — Gepräge
meiner Zeit haben. Dem Gotiker wird
es gotisch, dem Barocken barock werden.
Das Kunstwerk entsteht aus dem Blut
des Werkenden: nicht aus seinem Vorsatz.
(Oder nur zum Teil aus seinem Vorsatz.)
Der Schriftsteller kann nicht eine Novelle oder

DEUTSCHE WERKSTATTEN A.-G. ANKLE1DE-SP1EOEL
 
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