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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 30.1919

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Lang, Hugo: "Schlafzimmer und Bett"
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https://doi.org/10.11588/diglit.10021#0426

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»SCHLAFZIMMER UND BETT«

Allen äußeren Widerständen trotzend, setzt sich der
/V Gestaltungstrieb des Menschen zu allen Zeiten
durch. Nach den jeweils als Norm und Richtschnur fest-
gelegten Anschauungen und Grundsätzen formt er Haus,
Hausrat und Geräte. Auch die Gestaltung von Schlaf-
zimmer und Bett unterliegt solchem Wandel der For-
mung. Auf den Prinzipien der Hygiene, des Sachlich-
Struktiven aufbauend, schuf der rationalistisch-mecha-
nistische Geist einer vergangenen Epoche die Met a 11-
bettstelle: ein hygienisches, zweckmäßiges Geräte, in
schwerem Messingbau nicht ohne Reiz. Zur Schaffung
einer stofflichen Vermittlung zwischen der kühlen Härte
des Metalls und dem Körper des Menschen ergab sich
die Notwendigkeit reichlicher Verwendung von bunten
Druckstoffen, Cretonne, bezw. »Chintz«, die dem eng-
lischen Schlafzimmer das Gepräge gaben. In Deutschland
blieben die Sympathien dem wärmeren Material, dem
Holz erhalten, der geschlossenen Kopf- und Fußwand,
der Stabilität und Schwere des Holzbettes. Geradlinig
oder mit sanft geschwungener Kurve geformt, hat sich
hier in der neueren Zeit ein verhältnismäßig einheit-
licher Typ ausgebildet, der dem Zeitbedarf entspricht.

Ein formal entwickelteres, für Rhythmus, rhythmische
Abgewogenheit der Proportionen und Verhältnisse
empfindsameres Gefühl wird allerdings in der Raum-
gestaltung des heute üblichen Schlafzimmers und der
Form des Bettes als Bestandteil des Raumes manche
Mängel verspüren. Die Regel ist: ein hoher, massiver

Kleiderschrank und dazu ein tiefliegender, hohler Recht-
eck-Körper des Bettes mit einem unverhältnismäßig großen
»Negativ« - Raum darüber. Das Bestreben, an Stelle
dieses Negativen einen positiven, kubischen Körper als
natürlichen Schwerpunkt des Schlafraumes zu
schaffen, ergab die Gestaltung des »Himmelbettes«.
Bezeichnenderweise setzte dieseGestaltungsartzurZeit der
Gotik ein, einer Epoche hochentwickelten Raumempfin-
dens und Formsinnes, starken Erfühlens kubischer Raum-
werte. Vier Pfosten, ein Dach, ein wenig Stoff behäng über
dem Bett aufgebaut ergeben einen geschlossenen,kubischen
Körper, der im Raum selbständig und harmonisch abge-
grenzt als »Raum im Raum« dasteht, der dem Schlafzim-
mer den natürlichen Schwerpunkt, erhöhte Wohnlichkeit
und zugleich eine repräsentative Wirkung zuerteilt. Der
Mehraufwand an Material ist unerheblich; der Stoffver-
braurh beschränkt sich auf einen schmalen umlaufenden
Stoff teil oder leichte, schmale Seitenvorhänge. Die leichte
Zerlegbarkeit erschwert nicht den Transport beim Um-
zug. Es ist nicht einzusehen, warum nicht auch in Zeiten
der Einschränkung solche Formungen, die als gut erkannt
wurden — (und die steigende Vorliebe für diese Bett-
form im Ausland und auch bei uns*) sind Anzeichen sol-
cher Erkenntnis) zur Einführung kommen sollten, sofern
nicht äußerster Zwang zum Verzicht auf dergleichen for-
mal höherstehende Durchbildungen nötigt.. . hugo lang.

') Der neu erschienene Band „Schlafzimmer", Neue Folge (ca. 203 Abb.) des
„Handbuches neuzeitl. Wohnungskultur" enthält ca. 20 neuzeitl. Beispiele. R.
 
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