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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 32.1921

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Ritter, Heinrich: Der "Salon"
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https://doi.org/10.11588/diglit.10457#0051

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INNEN-DEKORATION 31

KURHOTEL PETERSBERG -KÖNIGSWINTER SOFA WAND IM DAMENZIMMER. BLAU SEIDENBROKAT

DER »SALON«

Wir blicken heute mit Neid in jene Spanne deutscher
Vergangenheit zurück, in der die Salons geist-
reicher und charmanter Frauen blühten als Verdichtungs-
punkte geistigen Lebens, als wichtige Bestandteile der
kulturellen Wert-Erzeugung unsres Volkes. Und nichts
wäre wünschenswerter als ein Wiederaufleben jenes
gesellschaftlichen Ehrgeizes, der als den schönsten
Schmuck eines vornehmen Hauses eine gesellige Ver-
einigung führender, schöpferischer Geister ansah!.. Es ist
wahr, daß diese hochentwickelte Form menschlichen Ver-
kehrs zuerst auf romanischem Boden erwachsen ist; auf
dem Boden eines Volkstums, das den Beziehungen unter
Menschen von vornherein eine ungeheure Bedeutung
beimaß. Aber Deutschland hat diese Entlehnung glänzend
und selbständig entwickelt. Vom Salon der Dorothea
und Karoline Schlegel, der Rahel Varnhagen, nicht zuletzt
auch der »großen Landgräfin« von Hessen ging Unschätz-
bares an Anregung und Verfeinerung aus, und tausende von
kleineren Salons wetteiferten mit ihnen, um dem formlos
flutenden Geistesleben Kristall und Figur zu geben. . . .

Freilich kann dieser gesellschaftliche Ehrgeiz leicht
ausarten unter engherzigen und oberflächlichen Menschen.
Er kann zu einer öden Jagd nach Berühmtheiten führen
oder zu einer trockenen, frostigen Begegnung von aller-
hand Menschen, die nichts miteinander gemein haben.
Aber wo Herz, Bildung und wahre Geistesfreude vor-

handen sind, kann heute wie vor Zeiten Glänzendes in
dieser Richtung gewirkt werden. Heute sogar mehr als
je. Gerade Zeiten einer gewissen Aufwühlung, in denen
auf geistigem Gebiet und im öffentlichen Leben allerlei Ent-
scheidungen fallen, sind dem Zueinanderfinden verwand-
ter Menschen günstig. Sie fördern die Gruppenbildung.
Sie liefern der Erörterung Stoff in Fülle. Sie mehren
das Bedürfnis nach jener geistigen Stärkung, die aus dem
Austausch fließt . . . Ein Salon, der gut und mit Vor-
sicht komponiert ist, stellt eine Macht dar. Eine Macht
ohne Namen und ohne äußere Organisation, aber gerade
das ist ein Vorzug, denn Geist läßt sich nur von

innen her organisieren.................



Und gibt es für eine Dame von selbständiger Persön-
lichkeit und vornehmem Geschmack eine erlesenere
Aufgabe, als diese Persönlichkeit, diesen Geschmack
auszuprägen in einem Kreis bedeutender Menschen, den
sie um sich versammelt? Wir sehen so oft den Betäti-
gungs-Ehrgeiz solcher Frauen sich in der Richtung gemein-
nütziger und ähnlicher Bestrebungen entwickeln. Aber
darüber sollte nicht vergessen werden, daß alles Beitragen
zur höheren Formung des geistig- geselligen Lebens ebenso
wichtig ist, dabei weiblicher und anmutiger und wert-
hafter, mit aller Art Schönheit verschwistert. Ja, die
Frau, der es gelungen ist, aus den geschmückten Räumen
 
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