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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 32.1921

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Lang, Hugo: Das schöpferische Kind
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Niebelschütz, Ernst von: Der Kampf um die Seele der Gotik, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10457#0077

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INNEN-DEKORATION

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BUDAPESTER WERKSTÄTTE. LUDWIG KOZMA KINDERBETT IN POLIERTEM KIRSCHENHOLZ

DAS SCHÖPF

Kinder sind wie Blumen im Garten, sie brauchen
Sonne, nur in der Sonne blühen sie auf. Gebt
ihnen Sonne!.. Kinder sind bunt und farbig wie Blumen,
frohe Kinderaugen leuchten wie Sterne. Kinder lieben
die hellen Farben. Kinder sind glücklich in einer Um-
gebung reiner Farben. Sie sind in ihrem Element. . . .

*

Kinder lieben die Dinge. Sie erleben alle Dinge un-
mittelbarer als der Erwachsene. In ihnen ist noch enges
Verbundensein mit Erde, Himmel, Blume, Tier, mit Men-
schen, die so sind, wie sie selbst, mit allen beseelten Dingen.
Umgebt das Kind nicht mit unbeseelten, lieblosen Dingen 1

*

Kinder sind voll triebhaften Lebens, voll Bewegung,
Tanz, Ausdruck. Echtes Leben neben den harten Mas-
ken der Erwachsenen. Kinderhände sind unruhvoll,
tätig, geschäftig, immer auf der Suche nach Betätigung,
nach schöpferischem Tun. Das Kind arbeitet nicht,
es schafft. Sein Spiel ist Ernst und volle Hingabe.
Schenkt ihm nicht Spielzeug, gebt ihm Werkzeug und
Material: Sand, Ton, Holz, Papier, Pappe, Leim. Gebt
ihm Farbe, Stift, Schere, Hammer, Nägel, Säge.. Laßt
sie bauen, formen, bilden; Bank und Tisch und kleines
Haus. Laßt sie pflanzen, pflegen, hüten. Körbe flechten,
Bücher binden, Kränze winden, Lieder singen. Gebt ihnen
nicht Schießgewehr noch Kanonen. Erzieht Menschen!

RISCHE KIND

Kindertage sind kostbarste Zeit des Erlebens und
Gebens, nicht nur Tage des Aufnehmens. Unsere Er-
ziehung ist darauf eingerichtet, dem Kind zu »geben«:
Dressur. Mit Nürnberger Trichtern wird wertloses Wissen
wahllos eingeflößt. . . Das Kind aber ist nicht nur Ge-
fäß, sondern unfaßbare Fülle; es will und kann geben!
Die rechte Erziehung wird die sein, die das Kind pro-
duktiv sein, schöpferisch sich betätigen läßt. Verlorene
Kindheit ist die, in der das Kind in seiner schöpferischen
Betätigung gehemmt, anstatt gefördert wird! . .
Das Kind, das sich betätigen darf, ist froh. Schafft frohe
Kinder! Erzieht werktätige, selbständige Menschen!

Kinder wachsen; alles was sie schaffen, hat Wachs-
tums-Gesetz. Laßt sie schaffen! Diese Liliput-Welt,
dieser Klein-Kosmos wird vorbildlich sein für die anderen,
die Dürren, Unfruchtbaren, die die Lust des Schaffens,
die Baulust, die Bildnerlust noch nicht erlebt haben.

*

In uns ist Entzweiung, im Kind ist Einheit: Geist
und Seele noch ganz gebunden im Körperlichen. Alles,
was Kinder schaffen, ist beseelt. Die großen Leute
nennen es »Spiel«, sie lächeln — und haben Sehnsucht.

Kinder sind die Blumen im Garten der Menschheit.
Wollen wir in den Garten gehn? . . — Wir alle suchen
Freude. Gehen wir zu den Kindern. Lassen wir uns von
ihnen den Weg zur Freude weisen! .... hugo lang.
 
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