Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 32.1921

DOI Artikel:
Niebelschütz, Ernst von: Der Kampf um die Seele der Gotik, [2]
DOI Artikel:
Okakura, Kakuzō: Ordnung und Natürlichkeit
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10457#0138

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
118

INNEN-DEKORATION

Ein Problem wie die Gotik ist im Rahmen eines kurzen
Aufsatzes natürlich nicht erschöpfend zu behandeln.
Anregungen müssen hier genügen. Neben der konträren
Pfeilerbewegung wäre etwa auf die gleichfalls höchst
doppelsinnige Behandlung der Fenster zu verweisen.
Gewiß — die gotischen Baumeister öffnen die Wand,
lassen das Licht breit in den Raum fluien — und Licht-
freunde pflegen klare Köpfe zu sein. Allein indem das
helle Tageslicht sogleich durch farbige Scheiben ge-
brochen und dem Fenster durch das Stabwerk eine der
Pfeilerrichtuni? parallele Aufwärtsbewegung angedichtet
wird, ist der Verstand wieder halb enttront und durch
das mystisch-phantastische Grundgefühl neutralisiert.

*

Wäre die Gotik bloß Mystik, so wäre sie keine Kunst,
denn Kunst ist Form. Wäre sie bloß Logik, so ist
nicht einzusehen, warum alle unsere »neugotischen« Ver-
suche so namenlos banal ausfallen. Denn an Verstand
fehlt es uns doch wahrlich nicht, wohl aber an Stärke
und Tiefe jener metaphysischen Bewußtseins - Ein-
stellung, die formend auch das an sich kälteste Medium
zum vollkommenen Symbol ihrer höheren Berech-
tigung zu machen weiß. . . . ernst von niebelschütz.

ORDNUNG UND NATÜRLICHKEIT

Wassertropfen von einer Blumenvase brauchen nicht
weggewischt zu werden, denn sie mahnen die
Phantasie an Tau und Kühle. Reinigen und Abstauben
ist auch eine Kunst ... In diesem Zusammenhang sei
eine Geschichte von Rikyu erzählt:

Rikyu sah einmal seinem Sohne Schoan zu, wie er
den Gartenpfad fegte und sprengte. »Nicht rein genug«,
sagte Rikyu, als Schoan mit seiner Arbeit fertiz war,
und hieß sie ihn von neuem beginnen. Nach einer harten
Stunde Arbeit kam der Sohn wieder zu Rikyu und sagte:
»Vater, es ist nichts mehr zu tun. Die Stufen sind schon
zum drittenmale gewaschen, die Steinlaternen und die
Bäume gut abgesprengt, Moos und Flechten leuchten in
grüner Frische; ich ließ auch keinen Zweig und kein
Blatt auf dem Boden«. »Närrischer Junge«, schalt der
Teemeister, »auf diese Weise soll man keinen Garten
fegen«. Sagte es und ging binab in den Garten,
schüttelte einen Baum, daß die goldenen und roten Blät-
ter über den Garten hinstoben, Fetzen herbstlichen
Brokats . . Was Rikyu wollte, war nicht Sauberkeit
allein, — es war auch das Schöne und das Natür-
liche! . . okakura kakuzo (»das buch vom tbb«. insbl-büchbbbi.)
 
Annotationen