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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 32.1921

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Okakura, Kakuzō: Der Tee-Raum im Osten
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https://doi.org/10.11588/diglit.10457#0235

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INNEN-DEKORATION

215

architekt fritz aug. breuhaus — köln kleines speisezimmer mit weissem kachelofen

DER TEE-RAUM IM OSTEN

Der japanische Tee-Raum ist völlig leer, mit Aus-
nahme dessen, was vorübergehend dort zur Befrie-
digung einer ästhetischen Stimmung Platz findet. Irgend
ein Kunstgegenstand wird für irgend eine Gelegenheit
hineingebracht, und alles andere wird so gewählt und
gestellt, daß es die Schönheit dieses Leitmotivs verstärkt.

*

Man kann nicht verschiedenen Musikstücken zu gleicher
Zeit zuhören, und so ist auch das wahre Erfassen des
Schönen nur möglich in der Konzentration auf irgend ein
Hauptmotiv. Daraus erhellt, daß das dekorative Prinzip
in unserem japanischen Tee-Raum dem völlig entgegen-
gesetzt ist, das in Europa heute herrscht, wo das Innere
eines Wohnhauses oft in ein Museum verwandelt wird.

Der dynamische Charakter der Tao-istischen und Zen-
nistischen Philosophie legt das Hauptgewicht auf den
Prozeß, durch den die Vollkommenheit erreicht werden
soll und nicht auf die Vollkommenheit selbst. Das wahr-
haft Schöne läßt sich nur von dem entdecken, der denkend
das Unvollendete vollendet. Die Kraft des Lebens und
der Kunst liegt in ihren Möglichkeiten, zu wachsen.
Die Kunst des äußersten Ostens vermeidet daher be-
wußt die Symmetrie, weil diese immer Wiederholung
bringt und nicht nur Vollendung. Uniformität im Ent-
wurf gilt als verhängnisvoll für die Frische der Phantasie.

Die Ausschmückungs-Gegenstände des Tee-
Raumes werden daher so gewählt, daß sich ja nicht eine
Farbe oder ein Muster wiederholt. Wenn eine lebende
Blume da ist, ist das Blumenbild verpönt. Wird ein
runder Kessel gebraucht, muß der Wasserkrug eckig
sein. Hat die Tasse eine schwarze Glasur, so darf sie
nicht zusammengebracht werden mit einer Tee-Büchse
von schwarzem Lack. Stellt man eine Vase auf das
Weihrauchbecken des Tokonomas, so muß Sorge ge-
tragen werden, daß man sie nicht gerade in die Mitte
stellt, auf daß sie nicht den Raum in zwei gleiche Teile
teile. Die Säule vom Tokonoma soll immer von anderer
Holzart sein, als die übrigen Pfeiler des Tee-Raumes, da-
mit kein Gefühl von Monotonie in dem Raum aufkommt.

Auch hier wieder scheidet sich die östliche Art der
Innendekoration von der des Okzidents, wo wir alle
Dinge symmetrisch angeordnet finden auf Kaminsimsen
und anderwärts. In den Häusern des Westens stehen wir
oft dem gegenüber, was uns als nutzlose Wiederholung er-
scheint. OKAKURA KAKUZO. (aus: »das buch vom tee«. insel-bücherei.)

KUNST. Was wir mit Kunst bezeichnen, ist das Werk
weniger hervorragender Geister, aber der Künstler
nährt sein Wirken aus dem künstlerischen Triebe seines
Volkes, wie umgekehrt der künstlerische Volksgeist nur
durch die Befruchtung mit dem Kunstwerk wächst, h.w.
 
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