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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 32.1921

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Frank, Willy: Moderne Raum-Gestaltung: zu den Arbeiten des Hauses Joseph Trier
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https://doi.org/10.11588/diglit.10457#0347

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XXX11. JAHRGANG.

DARMSTADT.

NOVEMBER 1921.

MODERNE RAUM-GESTALTUNG

ZU DEN ARBEITEN DES HAUSES JOSEPH TRIER.

Zu dem Begriff »Raum-Gestaltung« kam der
moderne Innenausbau erst auf verschiedenen
Umwegen. Der neue Formgeist entzündete sich
zunächst am Ornament und am einzelnen Gegen-
stand. Das Haupt-Interesse war, daß das einzelne
Ding, vor allem in seinen Zier-Elementen, den Geist
einer neuen Zeit atme. Erst später kam man
darauf, das Nebeneinander der Möbel, Teppiche,
Tapeten im Raum zu beachten und damit eine
Entwicklung anzubahnen, die schließlich ganz be-
wußt das Raumganze als das eigentliche und
entscheidende Objekt des Innenausbaus in den
Vordergrund stellte. Der architektonische
Geist drang vor und lehrte, den Raum als eine
organische Einheit auffassen, deren beherrschende
Idee erst festgestellt und baulich verankert sein
muß, ehe in ihm Einzeldinge als Schmuck oder
Füllung Sinn und Stand gewinnen können . . . .

Auf diesem Standpunkt stehen wir heute.
Innen-Ausbau ist Raumgestaltung. Diese ihrerseits
erscheint in der begrifflichen Untersuchung und
in der praktischen Anwendung immer entschie-
dener als eine Art angewandter Psychologie, als
eine genaue und bestimmte Kunde von der seeli-
schen Wirkung räumlicher Dinge, die bekanntlich

so stark ist, daß sie unmöglich übersehen werden
kann. Die Empfindungen des behaglichen Ein-
geschlossen-Seins, der festlichen Ausdehnung, der
ruhigen Arbeits-Stimmung, der angeregten Munter-
keit — sie werden vom heutigen Innenarchitekten
bewußt ins Auge gefaßt, und seine Kenntnis von
den Mitteln, mit denen sie erzielt werden können,
ist außerordentlich gewachsen. Eine Wohnung
ist nach moderner — und ebenso nach guter alter
Auffassung — nicht eine zufällige Ansammlung von
Hohlräumen, in denen wir unser Leben verbringen;
sie ist eine sinnvolle Reihe seelischer Einwirkungen,
durch räumliches Gestalten bestimmt, die unser
Dasein und Innenleben fortwährend günstig und
anregend beeinflussen. Damit ist dem Innenausbau
und allen Kräften, die sich um ihn bemühen, eine
Würde zurückgegeben, die sie vorlängst besaßen
und die ihnen in den letzten Menschenaltern in
kläglicher Weise abhanden gekommen war. Mit
der leichtsinnig dekorierenden Putzsucht, mit der
gesinnungslosen Möbelherstellung dieser verwiche-
nen Jahrzehnte hat die heutige Einrichtungs-Kunst,
der heutige Innenausbau nichts mehr zu tun. Er
hat eine großzügige, würdige Stellung zum Pro-
blem »menschlichen« Wohnens zurückgewonnen.

1931. XI. 1.
 
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