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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 32.1921

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Schiebelhuth, Hans: Bau-Schaffen und Bau-Lust
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https://doi.org/10.11588/diglit.10457#0401

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INNEN-DEKORATION

I

PROF. H.TESSENOW. AUSF: DEUTSCHE WERKE A.-G. SCHLAFZIMMER. »GEM. DEUTSCHE HAUSRATWERKE«

BAU-SCHAFFEN UND BAU-LUST.

VON HANS SCHIEBELHUTH.

ch lege mir bündig die Frage vor, aus welchen Nöten Nest baut für die Brut, da begreift er etwas. Sein noch
und Nötigungen der anfängliche Mensch wohl gebaut ungeschulter Verstand erfaßt, daß ihm die große Hilfe
haben mag. Als Antwort ergeben sich mir da zunächst selbst gegeben ist, daß er etwas tun muß. Er baut. Er
Umstände rein äußerer Art. Ich sehe den zu seinem Be- schafft sich seine erste Behausung, Zuflucht und Rast-
wußtsein erwachten Menschen im Urwald und in der haus, er findet Schutz in seiner eigenen Hände Werk,
Steppe, von Gefahr und Feindschaft umgeben, der an- sein Verstand und sein Wille wachsen in die Aufgabe,
dauernden Unbill der Natur ausgesetzt. Die Sonne prallt Dieser Art mögen wohl die äußeren Anstöße gewesen
ihn mit sengender Glut an, der Trübsinn der Regenmonate sein, die die Anfänge des menschlichen Bauschaffens be-
nimmt ihn gefangen, der Aufruhr der Gewitter und das dingen, die inneren Triebkräfte liegen ihrer Ursache nach
Entsetzen der Erdbeben wirft ihn nieder in Schreck und im rein ge;stigen und im seelisch-geistigen Gebiet. Dem
Verzweiflung, er leidet bitteren Frost und die Stimmen Menschen ist der Gott eingeboren, der geistige Urwille,
im Wind ängstigen sein Gemüt, die reißenden Tiere fallen schöpferisch und walterisch tätig zu sein, das ewige Gesetz,
ihn an in unerbittlicher Feindschaft, seine Phantasie er- das ihn zwingt zu schaffen und zu gestalten. Solang dem
liegt den ersten heftigen Reizungen und wo er noch un- Menschen sein Gott nicht bewußt ist, lebt er arglos, ein
sicher Gott fühlt, sieht er furchterregende Gespenster Tier, zwischen den andern Geschöpfen. Sobald das Be-
und böse, wieder ihn entfesselte Naturmächte, das heilige wußtsein einsetzt, ist die seelische Nabelschnur zum
Feuer, das ihm der freundliche Prometheus schenkt, hilft Ewigen durchschnitten, der Mensch bildet sich nach dem
ihm nur, wenn er die Flamme zu hüten weiß, die Berge Bilde Gottes, den er sich nun außen denkt. Er fängt an,
haben nicht Höhlen und Klüfte genug, um ihn zu beher- seineWelt selbst zu gestalten, wird schöpferisch, empfiadet
bergen, die Schlupfwinkel im Steppenland werden von Freude und Schmerz, Qual und Wonne am Tun, dadurch,
seinen Widersachern erreicht, die hohlen Baumriesen im daß er sich in Schöpfungen erfüllt und in Werken bewirkt.
Wald werden immer unsicherer und seltener, der Ge- Natürlich setzt sich diese geistige Kraft da an, wo der
ängstigte sieht Füchse und Dächse ihre Höhlen wühlen, primitive Mensch sein äußeres Dasein zu gestalten be-
findet die Vorratskammern eines Hamsters und die Waben ginnt, wo er sich Schutz schaffen kann für seine leibliche
der wilden Bienen, er belauscht den Raben, wie er sein Existenz. Er baut, weil er sich wie Gott seine eigne
 
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