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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 33.1922

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Happel, Hertha: Die Seele des Wohnraums
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https://doi.org/10.11588/diglit.10456#0196

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184

I NN EN-DEKOR ATION

ARCHITEKT MAX W1EDERANDERS-MÜNCHEN. GESCHNITZTE FÜLLUNGEN EINES SCHRANKES IN EICHENHOLZ

DIE SEELE DES WOHNRAUMS

Im wohnlich eingerichteten Raum gewinnt unser Fühlen
und Denken Gestalt und Farbe. Jedem solchen Raum
eignet ein besonderer Charakter, das erleben wir immer
wieder von neuem . . Bei einem Freund war ich zu Gast:
»Ich vermeide«, sagte er, »jede unangenehme Aussprache
in diesem Raum. Er soll froh bleiben«.. Nichts Drücken-
des lastete in dem sonnigen Zimmer; liebendes Ver-
stehen hatte hier jedem Ding den rechten Platz gegeben.
Da fiel kühles Licht auf einen alten, köstlichen Stich, dort
leuchtete eine Bronze-Schale auf kostbarem Brokat im
Purpur der Abendsonne, und über dem ganzen Raum,
über dunklen, geschnitzten Möbeln schwebte der Duft
unzähliger Rosen, in kristallenen Schalen gebettet. Kein
erregendes Violett oder erkältendes Blau störte die Har-
monie. Aus warmen roten, braunen, goldenen Tönen
wuchs der ganze Raum empor . . »Man macht die merk-
würdigsten Erfahrungen«, erzählte der Gastgeber, »über
die Farbwirkungen im Wohnraum. Eine etwas ehrgeizige
junge Frau hatte, — immer bestrebt, apart zu sein, ■—
jeden Raum ihres Hauses streng in einer einheitlichen
Farbe einrichten lassen. Aber: so angeregt ihre Gäste
im roten Zimmer beim Licht rotverhängter Lampen
waren, so erkältend war die Stimmung im tiefblauen

Salon, so boshaft waren die Gäste im giftgrünen Boudoir,
so schläfrig hingegen im Dämmer des Raumes, dessen
violette Wände im lila Licht der Ampel verschwammen.
Die Gastgeberin war untröstlich, hatte sie doch, als sie
ihren Auftrag erteilte, »jedem Raum eine Seele geben«
wollen, — aber nicht bedacht, wie reine Farben wirken,
sich auswirken, wenn sie schematisch, ohne Unterbrechung
und Belebung, verwendet werden . . Wohnräume — und
auch Gesellschafts - Räume — lassen sich wohl auf Be-
stellung »apart« gestalten, — aber, um sie wohnlich
zu machen, dazu bedarf es noch des Feingefühls, der
Seele des Bewohners. Dann haben die Räume
seine Seele, nicht »eine« Seele«. . . Hertha Happel.



EIN GESUNDES AUGE muß alles Sichtbare sehen,
nicht sprechen: »Ich will nur Grünes«; denn das
wäre ein Zeichen von Augenkrankheit. So müssen auch
Gehör und Geruch, wenn sie gesund sind, für alles Hörbare
und Riechbare empfänglich sein. Ebenso muß ein gesunder
Magen alle Nahrungsmittel verdauen können, wie eine
Mühle alles aufnehmen kann, zu dessen Zermalmung sie
eingerichtet ist. . . So muß auch ein gesunder Verstand
stets auf alle Ereignisse gefaßt sein . . marc aurel.
 
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