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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 34.1923

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Nachtlicht, Leo: Das Schaffen des Architekten
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https://doi.org/10.11588/diglit.10459#0369

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348

INNEN-DEKORATION

ARCHITEKT LEO NACHTLICHT-BERLIN

HAUS DR. G.-N. — STARGARD. GARTENSEITE

DAS SCHAFFEN DES ARCHITEKTEN

VON ARCHITEKT LEO NACHTLICHT—BERLIN

Wie wenige wissen, mit welch außerordentlichen
Schwierigkeiten die restlose Erfüllung einer
Bau-Auf gäbe oder Raum-Aufgabe verbunden ist! Und
in wie wenigen Fällen noch ist der Bauherr eine stark
fördernde Unterstützung der schöpferischen Arbeit.
Ein jeder andere bildende Künstler kann seine Aufgabe
»frei« lösen, bedingt nur durch die innere Bau- und
Wesens-Art seines eignen Menschen .. Maler, Bildhauer,
wie glücklich können diese Künstler sein, wenn sie im
freien Zwange ihres inneren Gestaltungsdranges allein
ihre Schöpfung formen. Gewiß gibt es auch bei ihnen
»Besteller-Arbeiten«, doch diese sind gewöhnlich außer-
halb des Alltagsleben-Bedürfnisses und daher nicht in
einem solchen vertrackten Zusammenhang des bürger-
lichen Lebens. Der Architekt hat so außerordentlich viel
Ballast auf seinem Wege zur Schöpfung mitzuschleppen,
daß es Wunder nimmt, wenn er darunter nicht zusammen-
bricht, sondern immer noch einwandfreie Lösungen
schafft. Dazu die heutige Zeit! Ich vermute, daß es
anderen Arbeitern auf architektonischem Gebiet genau
so gehen wird. Ein Architekt, der mehrere Arbeiten zu
gleicher Zeit bewältigen muß, muß infolge des rasenden
Geld-Absturzes, der ungeheuerlichen Geld-Erfordernisse
»Finanzmann« sein oder werden. Welche widerwärtige
Beschäftigung für Jemanden, der unbeirrbar durch alle
äußerlichen Einflüsse seinen Weg gehen will, dem die

erste räumliche Offenbarung und ihre genaue Durch-
arbeitung bis ins Einzelne das wesentliche Moment seines
Lebens ist! . Wir leben in einer Zeit, die der Tod jeder
künstlerischen Sammlung und Entwicklung ist. Und wie
notwendig ist gerade für unsere Zeit der »reine« Raum,
die ruhevolle Stimmung des Raumes zur Beruhigung
und Erquickung des nervösen Zeitmenschen, zur Steige-
rung seiner Lebensfreude! Gerade im Gegensatz zu
unserer fürchterlichen Zeit ist die Konzentration, die
»Sammlung« im Hause unbedingt notwendig. Um aber
zu einer solchen freudigen und harmonischen Lösung des
Innenraumes zu gelangen, muß der Architekt das ge-
steigerte Lebensbewußtsein mit sich herumtragen, er
muß harmonisch in sich, und nicht zerrissen sein. . .

Daher sind alle die Auftraggeber für den Archi-
tekten gut, die diese Freude an der Aufgabe stei-
gern, — die übrigen schlecht, die diese Lebensfreude
vermindern oder durch die Art der Mitarbeit stören.
Wenn die Auftraggeber sich nur sagen und einsehen
würden, daß sie ein um so schöneres Heim bekommen, je
weniger sie den Architekten mit kleinlichen Ausstellungen
oder mit einem unmöglichen Programm belasten, so
würden viel mehr schöne und würdige architektonische
Schöpfungen entstehen — im Verhältnis zu der Anzahl
der Begabungen, — als augenblicklich vorhanden sind.
Aber nicht nur die Bauherren, sondern auch die Mit-
 
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