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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 35.1924

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Feldkeller, Paul: Von der Initiative
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https://doi.org/10.11588/diglit.11736#0120

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VON DER INITIATIVE

Der untergeordnete Beruf, der geringwertige Besitz,
der veraltete Begriff können im Dienste eines auf-
bauenden, positiv gerichteten, schöpferischen Geistes
Ewigkeits-Bedeutung erlangen; wohingegen der Ver-
antwortungslose kraft seines niedrigen Niveaus die
höchste Berufstellung, den wertvollsten Besitz, den fort-
geschrittensten Begriff sich und der Welt zum Unsegen
mißbraucht. Auch hier ist, wie im Märchen, »schlecht
Ding in guter Hand besser als gut Ding in schlechter
Hand«. . . Wann aber ist der Mensch flach und verant-
wortungslos? Wenn er die Dinge »von außen her« be-
trachtet und verändern will, statt bei sich selbst, also
von innen her anzufangen. Wenn er bloß nach sozial
angesehenem Beruf, Besitz und Wissen, also nach bloßer
Vermehrung seines »Habens«, statt nach Erhöhung des
Seins, nach Verbesserung der seelischen Substanz strebt.
Wenn er, — statt als Einsamer zu handeln —, nach dem
sucht, das ihm die Unbequemlichkeit der Initiative und
damit die Last der Verantwortung abnehmen soll. . Der

Weise ist der einzig Selbständige, weil der absolut ver-
innerlichte Mensch. Er hat sich der Krücken zu begeben
und sein individuelles Gesetz, seine persönliche Pflicht
zu erkennen und zu erfüllen und damit seinem Tun eine
neue Bedeutung zu geben . . Jeder soll auf seinen Weg
gebracht und dann sich selbst überlassen werden. Zu
allen Zeiten haben die Verkörperer des Sinnes getrennt
marschiert, bis sie, in ihrer letzten, tiefsten Meinung
vereint, den Sieg des Geistes über alle Materie er-
fochten . . Wir bedürfen der höheren Einheit von öst-
licher Kontemplation und westlicher Aktivität,
der Weisheit ohne Passivität, der Aktivität ohne Be-
triebsamkeit. Die gebieterische Forderung der Gegen-
wart heißt: sittliche Initiative, heißt innere Selbständig-
keit und persönliches Eintreten. Zum ersten Male in der
Weltgeschichte fühlt der Mensch, — dank der abend-
ländischen Errungenschaft grellster Bewußtheit, — seine
furchtbare Mitverantwortung an der allgemeinen Ver-
derbnis und damit die Notwendigkeit, jeder einzeln
bei sich selbst anzufangen. . . paulfeldkeller.
 
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