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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 35.1924

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Stifter, Adalbert: Der ruhende Pol: die Kunst im Getriebe der Zeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.11736#0135

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INNEN-DEKO RATION

PROFESSOR ADOLF G. SCHHECK—STUTTGART DAMEN-ZIMMER. STOFFE! RIEDEL &. ROTHER

DER RUHENDE POL

DIE KUNST IM GETRIEBE DERZEIT.

Die Kunst, wie jedes Hohe, verlangt Sammlung, dazu, und die hohe Muse, die Freundin des hohen Men-
sie verlangt, daß der Geist, der das Geistige be- sehen, die Wohltäterin des menschlichen Geschlechts,
trachtet, im Geist ruht . . Wo aber ist heute Sammlung, verhüllt ihr Haupt und trauert . . Es ist möglich, daß
wo ist Ruhe? Die gesellschaftlichen Ereignisse unseres sich der Sinnengenuß noch steigert, und daß dann wie
Weltteils stacheln zur Unruhe an, rufen die Tätigkeit zum gewöhnlich Überdruß und Umkehr eintritt. Es ist noch
Ordnen und Befestigen hervor. Möge dies gelingen, möglicher, daß der Mensch die großartigen Erscheinungen
dann wird der Geist, wenn das Haus wieder gebaut ist, der/Technik verarbeitet, sie als ein neues Gewicht in sein
in seinen Taten größer und herrlicher emporleben . . Be- Leben aufnimmt, durch ihren Gebrauch die Ruhe nicht
denklicher ist ein zweites. Alle Welt hat die Reise- und mehr verliert, vielmehr an ihr eine neue Kraft, gleichsam
Wanderlust erfaßt, alles ist in Bewegung . . Durch die einen längeren Arm, für seine höheren Bestrebungen ge-
Schnelligkeit und Leichtigkeit der Bewegungen werden winnt. Es dürfte einige Zeit vergehen, bis dies eintritt,
die Menschen der fernsten Orte durcheinander gewürfelt, In dieser Zeit lasse sich keiner, dem Gott Kräfte zu
Eindrücke rauschen an ihnen vorüber, . . sie lesen in künstlerischen Hervorbringungen verliehen hat,
Zeitungen von anderen ähnlichen Eindrücken, die sie in entmutigen, und arbeite in höheren Kreisen, von seinem
ferneren Ländern erfahren haben und beschreiben. . . . Geiste beseelt, mutig fort, wenn auch die Anerkennung
Wie soll da ein Versenken in sich selber, wie soll da nur von Eingeweihteren kommt und der Lohn in seinem
ein Arbeiten des Geistes in seinen Tiefen über die Menge Bewußtsein liegt. Denn dies gilt mehr, als die Kunst
kommen? Sie wird immer rohstofflicher, sie wird immer zum Vergnügungsmeister der Menge herabzusetzen, oder
sinnlicher. Der Genuß ist das Ziel, wonach gejagt wird, Dinge mit ihr in Verbindung zu bringen, die ihr fremd
der Genuß, der so leicht ist wie das Fahren auf der Eisen- sind. Freilich ist es trostlos, wenn der Kunst die äußeren
bahn. An Stätten, wo die Kunst am öftesten an die Mittel fehlen und sie nach Brot gehen muß .. Die, welche
Menge tritt, in Theatern und Büchern, sucht man nur die nicht selber die Kunst ausüben, aber in reinem Sinne
Unterhaltung, und Theater und Bücher bequemen sich pflegen und für fernerstehende Kreise vermitteln, mögen
 
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