Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 35.1924
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https://doi.org/10.11588/diglit.11736#0321
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Behr, Rudolf: Gedanken in der Dämmerung: "Imponderabilien" im Bauschaffen
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INNEN-DEKORATION
133
d1pl.-1ng. etwan1k & perl —berlin garderobe im haus h. - grunewald
GEDANKEN IN DER DÄMMERUNG
»imponderabilien« im bauschaffen
Viele sehen den Architekten als einen Automaten an. Bleistift, Lampe. Sie haben von tausend Seelen geredet.
Etwa: Man drückt auf den Knopf, damit Backsteine Hier sind lediglich zwei Seelen: der Bauherr und seine
und das übrige Baumaterial herausfallen, und, wenn man Bauherrin. Nun zeigen Sie wenigstens einmal, wie diese
noch mehr drückt, dann wird ein Haus daraus. So ein- zwei Seelen in dem Wohnhausbau schwingen. Was für
fach sind wir aber doch nicht konstruiert. Wir dürfens eine innere Ergänzung suchen die Zwei durch ihr neues
nur nicht sagen, sonst versteckt sich jeder ehrliche Geld- Heim? Wie können Sie dem Dach diese weiche Kurve
beutel beim Anblick eines »so unpraktischen« Menschen geben? Der Bauherr ist doch ein klarer, abstrakter Kopf?
in die verborgenste Falte der bauherrlichen Hosentasche. Diese hölzerne Treppen-Brüstung? Die schlankjugend-
★ liehe Bauherrin muß gerade an diesem Treppenschwung
Deshalb gehe ich gerne sinnend in der sinkenden vortrefflich hinter einem zarten schmiedeeisernen Ge-
Dämmerung durch die Straßen (wenn es niemand sieht), länder wirken! Wie steht jetzt die Gebäudegruppe in der
Die Massender Gebäude werden immer einfacher. Alle Landschaft? Und dann denken Sie doch an die Nullen!
kleinen Gesichtspunkte verschwinden. All die Zappe- Es hängen schon wieder viel zu viel Nullen daran.«
leien der Fassaden verkriechen sich und die Silhouetten *
der Straßenwände streben großlinig einem gewaltigen, Jetzt werden die Zähne zusammengebissen. Zäh und
altersgrauen Turm, einer steil aufragenden Gebäude- ohne Nachlassen, Schritt für Schritt vorwärts. Wie ein
Gruppe zu. Die Füße der grauen Mauerleiber baden Jagdhund wittert der Architekt. Nun hat er die richtige
sich im fließenden Strom der Lichter und Menschen. . . Spur. Unaufhaltsam geht's weiter durch labyrinthische
* Gänge bis zur klaren Erkenntnis. Der Kontakt ist da . .
Eine Stimme singt in mir: »Abends in den dunklen So geht es uns Architekten wohl einmal; hundert-
Gassen, in dem wirren Menschenwogen, muß mein ganzes mal spielt es sich anders ab . . Selten ahnt ein f ein-
Selbst sich lassen, kreist in hohem weitem Bogen. Sucht fühliger Bauherr etwas von diesen Teufeleien hinter den
sich dann herabzusenken, will in alles Fühlen dringen und Kulissen, und manche schöne Bauherrin weiß nicht, wa-
vergißt sich selbst zu lenken und muß tausend Seelen rum sie sich eigentlich doch so heimelig in dem
schwingen« . . Aber eine andere Stimme meldet sich: neuen, noch ungewohnten Heim fühlt . . Das nennt der
»Heraus aus den lyrischen Empfindungen! Hier ist Papier, Mensch dann »Imponderabilien«. Architekt rudolf behr.
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d1pl.-1ng. etwan1k & perl —berlin garderobe im haus h. - grunewald
GEDANKEN IN DER DÄMMERUNG
»imponderabilien« im bauschaffen
Viele sehen den Architekten als einen Automaten an. Bleistift, Lampe. Sie haben von tausend Seelen geredet.
Etwa: Man drückt auf den Knopf, damit Backsteine Hier sind lediglich zwei Seelen: der Bauherr und seine
und das übrige Baumaterial herausfallen, und, wenn man Bauherrin. Nun zeigen Sie wenigstens einmal, wie diese
noch mehr drückt, dann wird ein Haus daraus. So ein- zwei Seelen in dem Wohnhausbau schwingen. Was für
fach sind wir aber doch nicht konstruiert. Wir dürfens eine innere Ergänzung suchen die Zwei durch ihr neues
nur nicht sagen, sonst versteckt sich jeder ehrliche Geld- Heim? Wie können Sie dem Dach diese weiche Kurve
beutel beim Anblick eines »so unpraktischen« Menschen geben? Der Bauherr ist doch ein klarer, abstrakter Kopf?
in die verborgenste Falte der bauherrlichen Hosentasche. Diese hölzerne Treppen-Brüstung? Die schlankjugend-
★ liehe Bauherrin muß gerade an diesem Treppenschwung
Deshalb gehe ich gerne sinnend in der sinkenden vortrefflich hinter einem zarten schmiedeeisernen Ge-
Dämmerung durch die Straßen (wenn es niemand sieht), länder wirken! Wie steht jetzt die Gebäudegruppe in der
Die Massender Gebäude werden immer einfacher. Alle Landschaft? Und dann denken Sie doch an die Nullen!
kleinen Gesichtspunkte verschwinden. All die Zappe- Es hängen schon wieder viel zu viel Nullen daran.«
leien der Fassaden verkriechen sich und die Silhouetten *
der Straßenwände streben großlinig einem gewaltigen, Jetzt werden die Zähne zusammengebissen. Zäh und
altersgrauen Turm, einer steil aufragenden Gebäude- ohne Nachlassen, Schritt für Schritt vorwärts. Wie ein
Gruppe zu. Die Füße der grauen Mauerleiber baden Jagdhund wittert der Architekt. Nun hat er die richtige
sich im fließenden Strom der Lichter und Menschen. . . Spur. Unaufhaltsam geht's weiter durch labyrinthische
* Gänge bis zur klaren Erkenntnis. Der Kontakt ist da . .
Eine Stimme singt in mir: »Abends in den dunklen So geht es uns Architekten wohl einmal; hundert-
Gassen, in dem wirren Menschenwogen, muß mein ganzes mal spielt es sich anders ab . . Selten ahnt ein f ein-
Selbst sich lassen, kreist in hohem weitem Bogen. Sucht fühliger Bauherr etwas von diesen Teufeleien hinter den
sich dann herabzusenken, will in alles Fühlen dringen und Kulissen, und manche schöne Bauherrin weiß nicht, wa-
vergißt sich selbst zu lenken und muß tausend Seelen rum sie sich eigentlich doch so heimelig in dem
schwingen« . . Aber eine andere Stimme meldet sich: neuen, noch ungewohnten Heim fühlt . . Das nennt der
»Heraus aus den lyrischen Empfindungen! Hier ist Papier, Mensch dann »Imponderabilien«. Architekt rudolf behr.