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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 35.1924

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Hardenberg, Kuno Ferdinand von: Heitere Raumgestaltung
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https://doi.org/10.11588/diglit.11736#0634

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INNEN-DEKORATION

277

HEITERE RAUMGESTALTUNG

VON KUNO GRAF VON HARDENBERG

Die Heiterkeit soll vom Monde kommen! Dort ist
nach den bestimmten Angaben der Lunographen
das große »Mare Serenitatis«, das Meer der Heiterkeit,
aus dem die ganze Welt mit Heiterkeit gespeist wird.
Dieses Meer unterliegt genau so den Gesetzen von Ebbe
und Flut wie jedes andere Meer, weshalb auf Erden
ebensowohl Perioden allgemeiner Humorlosigkeit aufzu-
treten pflegen, wie solche, die reich sind an Heiterkeit-
Erregendem. . Nach dem Mythos ist Heiterkeit ein Pri-
vileg griechischer Götter und Griechenlands, über dem
der »ewig heitere« Himmel lacht. Auch die Kunst steht
in dem Rufe besonders heiter zu sein, wovon freilich die
Nächstbeteiligten, nämlich die Künstler, am wenigsten
zu wissen pflegen. Die sonnige Heiterkeit der Frauen-
seelen wird hin und wieder von Kennern gepriesen I Sich
anzuheitern und damit das Problem heiterer Raumge-
staltung gleich praktisch in verschiedener Weise zu lösen,
wird gerne geübt. Freilich ist das nicht eigentliche
Raumgestaltung und wir wollen daher uns der ernsthaf-
ten Gestaltung der heiteren Raumgestaltung zuwenden.

*

Räume heiter zu gestalten ist eine große und eine
seltene Kunst! Wer ist wirklich heiter, und wenn jemand
wirklich heiter ist, ist er dann auch gleich in der Lage,
Räume zu gestalten? Und wenn die Räume heiter ge-
staltet sind, wo sind die Menschen, die sich von ihnen
heiter stimmen lassen? Ich habe in sehr lustigen Kabaretts
Leute gesehen, die waren ernst wie Tiere, sie glichen
einer Trauerversammlung. Sie waren offenbar unheilbar
humorlos. Hieraus kann man schließen, daß Heiterkeit
unabhängig von Räumen und Aufmachungen gedeihen und
blühen kann, zumal wenn man sich an gewollt heitere

Räume entsinnt, die ein seichter Humor hie und da ver-
wirklicht, oder wenn man an versteinerte Scherze und
gefrorene Witze in manchen Bauten der Renaissance
oder des Rokoko denkt, die bei uns nicht die geringste
Heiterkeit auslösen. Ein Lebenskünstler, der Marquis
de Brinville, meinte, die heiterste Raumgestaltung sei
eine wirklich gut gedeckte Tafel und der kulinarisch
künstlerische Verlauf eines wahrhaft guten Diners. Vor
diesen monumentalen und fundamentalen Freuden trete
alles in den Hintergrund, der Schmuck der Wände, und
alle Kostbarkeit der Tapisserien. Bei richtiger Beleuch-
tung und mit Aufwand höchster Kochkunst könne man
die Leute in ein Paradies versetzen, selbst wenn die
Szene eine Tenne sei. . . Der wegen seiner Faulheit und
ewigen Verliebtheit in ganz Spanien berüchtigte Conte
Gonsalva y Casa major hat angeblich ein zweibändiges
Werk hinterlassen, in dem er beweist, daß ein Himmel-
bett, von würdigen Ausmaßen und reicher Drapierung,
von üppiger Befederung und Bedeckung der lieblichste
und angenehmste Putz eines Gemaches sei; sein gutes
Geld an Gemälde und Teppiche, an Stuckaturen und
Vergoldungen zu hängen, sei Torheit und widerspreche
allem natürlichen Bedürfnis. Solche Beispiele zeigen,
daß jeder einseitig eingestellte Mensch seine Heiterkeit
dort sucht, wohin ihn seine Triebe unmittelbar führen.

Eine heitere Raumgestaltung wird demnach nur für
solche Menschen denkbar sein, die mit den Augen zu
leben und mit den Sinnen universell zu erfassen ver-
mögen, für Leute, in denen Linien klingen und Farben
ein Echo finden, die in sich jene Aufnahme-Fähig-
keit und Resonanz tragen, die alles Einfallende schöner
wieder ausklingen läßt, als es hineingefallen ist. Für
 
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