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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 36.1925

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Kuhn-Foelix, August: Von der "Tisch-Ordnung"
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https://doi.org/10.11588/diglit.11737#0117

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INNEN-DEKORATION

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PROFESSOR LUC1AN BERNHARD —BERLIN RUNDER FENSTERSITZ IM ZIMMER EINER DAME

VON DER »TISCH-ORDNUNG«

Standesunterschiede lassen sich kaum jemals verwi- keiten; ein richtiges »Mannweib« und ein »Blaustrumpf«,
sehen. Es wird immer Abstufungen geben. Käme was beides sie nicht hinderte, mancherlei Liebeleien zu
die Welt wirklich eines Tages zu dem Ziele, daß nicht erleben. Doch zur Sache! Eines Tages bei der Rück-
»Titel«, sondern »Würdigkeit« die Rangstufen machten, kehr von einem Besuch in ihrer Heimat veranstaltete sie
so wird doch jeder gern sich selbst für den »Würdigsten« in Hamburg einen großen Maskenball mit Fest-Essen,
erachten, oder wenigstens seinen eigenen Begriff von Nun nahm im Barock die »Rang-Ordnung« einen
Wert und Unwert haben. . Bei gesellschaftlichen Ereig- Platz in den Köpfen der Menschen ein, der für unsere
nissenwird also eine Hauptsorge der Gastgeber bleiben, Begriffe fast abenteuerliche, ja ganz unbegreifliche For-
wie sie ihre Gäste bei Tische setzen, — ohne durch die men annahm. Um eines »Vortritts«willen konnte es zu
»Tisch-Ordnung« einen der Geladenen zu verletzen! jahrelangen Vendetten kommen, und Fürsten, die sich
Der »runde Tisch«, der kein »Oben« und kein nicht einigen konnten, wer mehr als der andere galt,
»Unten« hat, ist von vielen als das beste Mittel betrach- machten sich nie einen Besuch, weil keiner »zuvor« körn-
tet worden, durch das man jede Peinlichkeit in dieser men wolltet Man könnte leicht einen großen Katalog mit
Hinsicht umgehen könne. Immerhin bleibt doch noch historischen Torheiten solcher Art zusammenschreiben,
die Frage, wo die Hausfrau sitzt und wem sie den Platz Wie half sich nun die kluge Fürstin? Sie wollte,
an ihrer Seite zugedacht hat. Auch ist das Fassungs- daß sich auf ihrem Feste niemand kränke und veran-
Vermögen eines runden Tisches recht begrenzt. Allzu- staltete deshalb eine »Platz-Lotterie«. Jeder mußte
viel Gäste lassen sich an ihm nicht plazieren, und bei sein Los ziehen und sich hinsetzen, wohin die gewählte
mehr als zwei Dutzend Anwesenden dürfte dieser Aus- Nummer ihn wies . . Das war eine feine Gesellschafts-
weg kaum in Frage kommen. Das Problem ist also schwer! Taktik, die das heikle Thema geschickt umging. . Und sie
Indessen: eine Königin hat einmal einen schlauen empfiehlt sich noch heute für jeden Gastgeber, der in
Plan erdacht, allen Rang-Streitigkeiten zu begegnen. . unseren Tagen einen Kreis von Menschen zusammen-
Es war die Tochter Gustav Adolfs: Christine von Schwe- bringt, die sich leicht durch Rang-Begriffe die liebevollst
den. Sie war überaus klug, dabei voller Absonderlich- bereiteten Speisen verderben ließenI august kuhn-foelix.
 
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