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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 36.1925

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Geron, Heinrich: Moderne Wohnlichkeit, [2]: Wohnform und Gesellschaftsformen
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https://doi.org/10.11588/diglit.11737#0196

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INNEN-DEKORATION

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ARCHITEKT THEODOR MERRILL-KÖLN FENSTERPLATZ IM ESSZIMMER HAUS SCH.

MODERNE WOHNLICHKEIT

II.WOHNFOPM UND GESELLSCHAFTSFORMEN

An der Bau-Art des modernen Klubsessels, dieses es ja kaum einen Raum im Heim, wo man ihn nicht in
1\. spezifisch zeitgemäßen Möbels, begreift man viel- irgend einem geeigneten Modell gern hätte .. Gestehen
leicht am ehesten das Wesen des modernen Wohnens. Ein wir es offen ein: wir nehmen am liebsten in so einem ge-
guter, neuzeitlicher Klubsessel ist sachlich, ohne nüch- diegenen, komfortablen »Easy-Chair« lehnend den Tee.
tern zu sein, er ist bequem und doch nicht Weichlings- Wir haben mit Behagen Platz genommen, und aus
haft, er ist wundervoll behaglich ohne trägemachende dem Speisezimmer herüber wird der »Teewagen« her-
Behäbigkeit, er steht in unseren Heimen wie eine stän- eingefahren. So ein Teewagen ist auch ein Teil der
dige Einladung, ungezwungen in ihm Platz zunehmen modernen Wohnlichkeit, er zeigt deutlich die gewandelte
und uns in seiner Wohnlichkeit geborgen zu fühlen. Er Form unsres modernen Gesellschaftslebens auf; denn
ist ganz Nutzform, durchaus reiner Typus, ohne formel- Wohnlichkeit und Lebensgebärde im Heim sind eines
haft zu sein, er ist wie alle vollkommenen und letzlich des anderen Maßgeber und Ausdruck. Erinnern wir uns
gelösten Dinge nicht So-oder-auch-anders, sondern genau nur ein wenig des alten Stils, dann werden wir jene
So-und-so, schön und dabei die Zweckmäßigkeit selber, moderne Gesellschafts-Gebärde, deren ausgewirkte und
richtig und somit die Darstellung des Begriffs »Sitzmöbel« rückwirkende Komponenten solche Wesen wie Klub-
selbst. Wie wohltuend sicher und bestimmt, wie über- sessel und Teewagen sind, sofort begreifen . . Da wir so-
zeugend ruhig sind seine Formen, wenn wir ihn mit den zusagen bei einer Teepartie sind, wollen wir der Kaffee-
Halbgebilden vergleichen, die die Jahrhundertwende her- und Tee-Visiten zu Großmutters Zeit gedenken; ja auch
vorbrachte; und wie gewinnend und summarisch sind später noch, da bat man seine Gäste »hinüber« zu Tisch,
seine Vorzüge, gegenüber denen vieler Formungen aus da gab es keinen Teewagen, sondern man nahm Platz um
alter Zeitl Wie symptomatisch dazu ist seine Verbrei- die runde oder vierkantige Tafel, wo hübsch ausgerichtet
tung; einmal die weltgeographische, in Europa und die Tassen und Kannen und Kuchenteller standen, und
Amerika so gut wie in Japan und auf den Azoren, in den die Zeremonie ging nach allerstrengsten Regeln vor sich.
Winterländern sowohl, wie auch in den Tropen, wo er Man war auf den biederen Stuhl, an sein Stück Tisch-
sich, aus dorthin passendem Material geschaffen, ebenso kante geschmiedet, bis der Ritus zu Ende war . . Oder
eingebürgert hatl Und zum andernmal seine heimgeo- versetzen wir uns in die Zeit Ludwigs XVI. Damals
graphische Verbreitung: außer dem Speisezimmer gibt hielt die große Dame ihren artigen »Cercle«, man saß
 
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