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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 36.1925

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Lang, Hugo: Der neue Rhythmus: "Synkope" des Eigen- und Gegenrhythmus
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https://doi.org/10.11588/diglit.11737#0203
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INNEN-DEKORATION 185

architekt theodor merrill—köln garderobe-schrank im schlafzimmer

Wir verlieren zum Teil unser »persönliches« Leben.
Aber wir tauschen den Verlust an persönlichem Leben
ein gegen einen Gewinn am gemeinsam öffentlichen
Dasein. Aus dem Verlieren an die Gemeinschaft wird
Erziehung zur Gemeinschaft, Dienst am Ganzen. Die
Vergesellschaftung unseres geselligen und häuslichen
Lebens wird die nationalen Grenzen sprengen und bei-
tragen zu einem besseren gegenseitigen Verständnis. . .
Viele, die bisher der Technik fremd, ja feindlich gegen-
über standen, werden so zunächst ganz unbewußt und
spielend mit ihren Mächten bekannt. Durch wessen
Gehirn einmal technische Gedanken gingen, der ist vom
Zeitgeist gefaßt. Er kommt nicht mehr los und ist auf
dem Wege, zum Menschen der Gegenwart zu werden.«

Zum selben Thema bemerkt Dr. Josef Grabisch:
»Die Radio-Telephonie ist völlig verknüpft mit dem
Durchbruch des »synkopischen Rhythmus«. Diesen
Rhythmus weiter zu vertiefen, eine Mitschwingung her-
vorzurufen und diesem Eigen-Rhythmus einen größeren
Spielraum zu geben, ist eine Aufgabe der Radio-Tele-
phonie. Sie sucht die »Synkope« des äußeren Lebens

gegen das Innenleben und umgekehrt wiederzugeben.
In der Betonung dieses »Gegen-Rhythmus«, der den
» eigenen Rhythmus« des Einzelhörers zu Mitschwing-
ungen bringt, liegt der Grund für die überaus schnelle
Verbreitung der Radio-Telephonie in der Neuzeit. Es
ist zugleich die Hoffnung auf eine weitere Befreiung
der psychischen Gebundenheiten unseres Innenlebens«.



Dieser »synkopierte Rhythmus«, — so läßt sich
den vorliegenden Ausführungen noch hinzufügen, — die-
ser aus einer »polarisierten«, im innersten Wesen exzen-
trischen Einstellung hervorgehende Rhythmus, der in
der neuen Tanzmusik seinen Ausdruck gefunden und
die zivilisierte Welt erobert hat, wird langsam aber sicher
auch in die Formenwelt und Gestaltungsweise unseres
Heims eindringen und alles Starre und streng symme-
trisch Gefaßte mit freieren rhythmischen Schwingungen
durchsetzen. Einmal schon fand der »synkopische«
Rhythmus solche Verkörperung: in den durch Bewegung
und Gegenbewegung, durch heitere Arhythmien tän-
zerisch beschwingten Formen des Rokoko! . . h. lang.
 
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