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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 36.1925

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Eine Kinderzimmer-Geschichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.11737#0283

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INNEN-DEKORATION

265

oben ragten, ein wunderschönes
Schiffchen. Irgendwelche Einwände
der sogenannten Vernunft ließ der
kleine Anwalt seiner Sache nicht gel-
ten. So verteidigte er jeden Gegen-
stand, den ihm Gewohnheit lieb ge-
macht und Phantasie belebt hatte.


Als der kluge Onkel Doktor er-
schien, hoffte die Mutter durch Ver-
mehrung dieser Hilfstruppe auf Er-
folg. Und tatsächlich: er hatte einen
guten Gedanken, wie er glaubte.
Er fragte Fritzchen: Da er jedes
Stück des Zimmers verteidige, ob
die Rute hinter dem Spiegel auch
bleiben sollte? Da erwiderte der
kleine Phantast zu aller Erstaunen:
»Ja, selbstverständlich. Vielleicht
wachsen wieder Süßigkeiten daran,
wie damals, als ich sie bekam«. .
*

Moral: Von Natur sind die Men-
schen konservativ und phantasievoll;
durchGeschmack wollen wir imAIter
oft ersetzen, was uns an schöpferi-
scher Laune genommen wurde. Dr. r.c.

erwin behr-wendlingen. kleiner schreibtisch

EINE KINDERZIMMER-
GESCHICHTE

Fritz war sechs Jahre alt und mußte zur Schule.
Da entschloß sich die Familie, das Kinder-
zimmer einer »Umgestaltung« zu unterwerfen.
Doch man hatte bei diesem Unternehmen nicht
mit dem Konservativismus und mit der Phan-
tasie Fritzchens gerechnet. Gegen den Aus-
tausch seines Bettes mit Klettergitter in ein ge-
räumigeres erhob er keine Einwände. Im großen
Bett konnte man bequemer Kobolz schießen,
und das große Plumeau ließ sich besser in Wall
und Schanzen seiner Bett-Festung umgestalten.

Aber gegen das Verschwinden der Wickel-
kommode protestierte er heftig. Die kleinen
Schubladen brauchte er unbedingt, wollte er
Kaufmann spielen, und einen schöneren Roll-
wagen mit breitem Kutschersitz gab es garnicht
wieder. Dies bewies er der über ihn ganz ver-
zweifelten Mutter, indem er sich auf die Kommo-
de schwang und zeigte, wie man von hier glän-
zend zwei Stühle als Lastpferde lenken könne.
Dieser Angriff gegen sein Eigentum und seine
Gewohnheit wurde also siegreich abgeschlagen.
*

Nun wollte seine Mutter den Fußschemel,
den einst die Amme benutzt hatte, hinausschaf-
fen. Da kam sie bei Fritzchen gut an! Das
ginge unmöglich. Den Schemel brauche er ganz
nötig. Er sei ein vorzügliches Reitpferd, und

wenn man ihn umkehre, daß die vier Beine nach erwin behr-Wendlingen, wasche-schrank in kirschholz
 
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