Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 36.1925

DOI Artikel:
Ziegler, Leopold: Gefühl und Gestalt: von der Idee der Klassik
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11737#0456

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
438

INNEN-DEKORATION

ENTWURF: ARCHITEKT PAUL LASZLO-WIEN »ATLANTICA BAR« —PRAG. AUSF: F. KALL1K

GEFÜHL UND GESTALT

VON DER IDEE DER KLASSIK.

Wo heftig gefühlt wird, gibt das Leben zu er- ein menschliches Bewußtsein nicht mehr fühlt, weil und
kennen, daß es heftig begehrt und heftig verab- inwiefern das Leben hinter ihm begehrt, heischt, for-
scheut, heftig ersehnt und heftig verschmäht, heftig will dert, ersehnt und will, — sondern daß umgekehrt das
und heftig nicht will. In diesem Betracht hängen also Bewußtsein begehrt, heischt, fordert, ersehnt und will,
»Gefühl« und »Wille« sehr eng zusammen. Darnach weil und inwiefern ihm das Leben nur im Gefühl wahr-
ist der »Gefühlsmensch« zum mindesten potentialiter haft lebendig deucht. . Eine bloß begleitende, reflek-
ein »Willensmensch«. . »Uberschuß« an Gefühl deutet torische Erscheinung des Lebens inthronisiert sich gleich-
also mit ziemlicher Schlüssigkeit auf einen Uberschuß sam als Sinn, Ziel und Zweck des Lebens, und der
an Bedürfnissen, Trieben und Begehrungen, auf einen Wille, — diese stärkste, männlichste und unüberwind-
Überschuß mithin an Velleitäten und Vilalitäten; und liebste Waffe des Menschen im Kampf mit seinen Um-
nichts wäre am Ende verkehrter, als ein Lebewesen und Gegenwelten, erschöpft sich in solcher Sachlage
dieserha'b etwa zu tadeln. Trotzdem sind diejenigen darin, das Gefühl allein des Gefühles wegen zu
im Recht, welche hier die schwerste Gefährdung des wollen — und außer dem Gefühle wenig oder nichts.

deutschen Menschen je und je vermutet haben..... *

* Das Gefühl weder erkenntnismäßig zu klaren und

Diese Gefährdung besteht ganz einfach darin, daß strengen Vorstellungen aufzuhellen, noch bis zu be-

zwar jener Wille tatsächlich vorhanden ist, dessen Re- stimmten und entschiedenen Entschlüssen wollend zu

gungen im Gefühl erkennbar werden, — daß aber eben verdichten, um haltlos zwischen Vorstellung und Wille

dieser Wille jetzt auf kein anderes Strebensziel sich im luftigen Raum zu schwanken, — das nenne ich unsre

richtet, als auf das Gefühl selbst, in welches er sich deutsche Erbsünde! . Haben wir nicht zu der Vermu-

gebettet findet: daß er infolgedessen das Gefühl zum tung Grund, daß diese bloße »Gewolltheit«, aber nie

Zweck und Sinn des eigenen Wollens wählt. . Wo viel und nirgends Vollbrachtheit, nie und nirgends Ver wirk-

Gefühl mächtig und unbändig ineinander brandet, kann lichtheit mindestens zu überwiegenden Teilen jenem

es geschehen und geschieht es nachweislich immer wieder, unseligen »Gefühl ist Alles« zu verdanken sei? . Ein

daß das gegebene Verhältnis zwischen Gefühl und Wille hilfloser und peinlicher Zustand ungeklärt gärender Ge-

auf das Seltsamste umgestülpt wird, — will sagen, daß fühle, gestörter Kreislauf der Kräfte und der Stoffe,
 
Annotationen