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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 37.1926

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Michel, Wilhelm: Die Stiftung des Heims: die ewige Tat der Frau
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https://doi.org/10.11588/diglit.10704#0274

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INNEN-DEKORATION

DIE STIFTUNG DES HEIMS

DIE EWIGE TAT DER FRAU

Es kann im Ganzen nicht bestritten werden, daß wir
, heute in einer ausgesprochenen »Männerwelt« leben.
Das heißt: am Grunde aller unsrer Meinungen und unsrer
tatsächlichen Ordnungen liegt der Gedanke vom Vor-
walten des Mannes. Staatsleben, Wissenschaft und das
Berufsleben sind vorwiegend auf männliche Arbeit und
Denkweise gebaut. Ja, man geht nicht zu weit, wenn man es
als eine denkerische Ubereinkunft der Gegenwart bezeich-
net, daß alle Satzung, Fügung, Ordnung vom Manne
herrühre, während das Weib für uns auf der Seite der
Natur und des ewigen, aber ungeformten Lebens steht.
Zeit der Mannesherrschaft und der Mannesverherrlichung.



Erst neuerdings wird jene bedeutsame Stimme mit
Achtung vernommen, die gegenüber diesem heutigen
Vorwalten des Männlichen auf die älteren »mutterrecht-
lichen« Perioden verweist, die jenem vorhergegangen sind.
Es ist die Stimme J.J. Bachofens. (Eine Auswahl seiner
Werke ist im Verlag C. H. Beck-München erschienen.)
In seinem Werke über das »Mutterrecht«, das in Wahr-
heit einen großen, geschichtlich fundierten Mythus von
der Entstehung der Kultur vorträgt, zeigt er, wie dem
Primat des Mannes ein Primat, ein Führer- und Herrscher-
tum des Weibes vorausgeht; ein »gynäkokratisches«
Zeitalter, das durchaus schon ein Kultur Zeitalter, aber auf
der Grundlage der Natur-Bindung, darstellt. Bachofen

weist nach, daß die Frau, wie sie als Mutter heute noch
die erste Erzieherin des Menschen ist, auch die erste Er-
zieherin, Formerin und Führerin des Menschengeschlechts
überhaupt gewesen ist. Ihm erscheinen erstmals die Lagen
von amazonischen Staaten und Kriegszügen, von mutter-
rechtlich geordneten Völkerstämmen, von den hetärischen
Königsfrauen des Orients in einem neuen, geschichtlich be-
deutenden Licht. Dem Kult des Zeus geht der Kult der
»Großen Mutter« Demeter voraus, dem Kult des Himmels
der der nährenden Erde, dem ehernen Zeitalter das gol-
dene, dem Auftreten des herrischen Geistes die mildere
Ordnung der mütterlichen Natur. Die erste menschliche
Kulturstufe ist eine weibliche Schöpfung. Bachofen sagt
in seiner hochbedeutsamen Vorrede zum »Mutterrecht«.

»Von den Ufern des Nils bis zu den Gestaden des
Pontus, von Mittelasien bis nach Italien sind in die Grün-
dungsgeschichten später berühmter Städte amazonische
Namen und Taten verwoben. Wenn das Gesetz der mensch-
lichen Entwicklung diesen Übergang aus dem Wander-
leben zu häuslicher Niederlassung notwendig mit sich bringt,
so entspricht er in besonderem Grade der Anlage der
weiblichen Natur, und wird, wo diese ihren Einfluß geltend
macht, mit doppelter Schnelligkeit eintreten. Beobachtung
noch lebender Völker hat die Tatsache außer Zweifel ge-
setzt, daß die menschliche Gesellschaft vorzüglich durch
die Bemühung der Frauen zu dem Ackerbau, den der
 
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