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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 37.1926

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Michel, Wilhelm: Die Stiftung des Heims: die ewige Tat der Frau
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Verweyen, Johannes Maria: Befreiende Macht der Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.10704#0280

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256

INNEN-DEKORATION

BARRY PARKER, F.R. I.B. A.-LETCHWORTH SCHLAFZIMMER IM HAUS »TRANTLEBEG«

So ist die Anschauung von der Frau als der Beginnerin
der Kultur durch Stiftung und Erhaltung des Heims von
mehr als einer Seite her gerade in der deutschen Geistes-
welt heimisch. Der Schiller'schen Auffassung steht, bei
aller tiefgreifenden Verschiedenheit der Ausgangspunkte,
die Auffassung Goethes sehr nahe. Auch für Goethe hat
das Weibliche seine bestimmte und sehr weittragende
geistige Wichtigkeit. In mythischer Verwandtschaft zu
den alten großen Naturgöttinnen stehen seine »Mütter«
durch eine weite Ferne und dunkle Tiefe von der Männer-
welt getrennt, der Goethe angehört, aber immer noch
zu ihr heraufwirkend als Hüterinnen und Beginnerinnen.
Stehen sie als die »Mütter« am Anfang alles Lebens,
so stehen sie als die »Liebe«, die den Kern des »Ewig-
Weiblichen« bildet, am Ende, am Punkt der Vollendung.
Hüten und brüten sie als Mütter in der dunklen, frucht-
baren Tiefe, so strahlen sie später als »Liebe von oben«
in der geistesklaren Höhe. Fangen sie drunten in Dumpf-
heit das Leben an, so krönen sie es oben als die heim-
holende Liebe, die die Bindung des Geistigen an den stoff-
lichen Bestandteil milde löst und das geistige Teil »hinan-
zieht«. . Das Ewig-Weibliche stiftet so als Liebe von oben
die endgültige Geistesheimat. Von Demeter bis zur »Jung-
frau, Mutter, Königin« spannt sich im »Faust« der große
Bogen; das irdische Haus und das ewige Haus,
irdische Liebe und himmlische Liebe werden als Aus-
wirkungen des Ewig-Weiblichen erkannt. Wilhelm michel.

BEFREIENDE MACHT DER KUNST

Im Wesen aller Kunst liegt die Loslösung vom harten
Zwange rauher Gegebenheiten, darum der Triumph
der inneren Freiheit des Menschen, der mit Hilfe der
»allzeit beweglichen Tochter Jovis«, der Phantasie, sich
eine neue Welt schöner Gestalten erbaut. So entreißt
die Macht des Kunstwerkes den Menschen einer skla-
vischen Hingabe an die gegebene Welt und ihren Druck.

*

Sie ruft in ihm jene befreiende Heiterkeit wach, die den
»Ernst« des Lebens in seine Grenzen weist. Zugleich
formt das Kunstwerk, das selbst einheitlich gegliederte
Mannigfaltigkeit anschaulicher Elemente darstellt, den
inneren Menschen und hebt ihn durch das Erlebnis
der Form auf eine höhere Stufe des seelischen Aufbaues.



Das Kunstwerk läßt die geistigen Funktionen in har-
monischem Einklang schwingen und aus dem Bade der
Schönheit geläuterter aufsteigen.. Zwar bleiben solche ver-
edelnden Wirkungen zunächst auf kurze Zeit beschränkt,
doch ergreifen sie bei häufiger Wiederholung immer mehr
von dem ganzen Menschen Besitz, ohne die Grenze aller
ästhetischen Erziehung ganz aufzuheben. Denn solange
die ästhetische Form nicht Ausdruck eines geläuterten
Wesens, einer vertiefteren Gesinnung ist, bleibt
sie in ihrem Werte beschränkt. . Johannes m.verweyen.
 
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