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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 37.1926

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Keyserling, Hermann: Erfindung und Form
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https://doi.org/10.11588/diglit.10704#0315

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INNEN-DEKORATION

291

VERSENK-
BARES SCHIE-
BE-FENSTEK

JOHN D. CLARKE, F. R. 1. B. A.-EASTBOURNE FENSTER IM »HAUS IN WILLINGDON«

»ERFINDUNG UND FORM«

VON GRAF HERMANN KEYSERLING

Der künstlerisch Schaffende gilt alsfreiester Mensch, Gesetzen der Wirklichkeit Rechnung trägt, desto mäch-
sein Werk als freieste Schöpfung. Doch wo immer tiger erscheint sein Werk. . . Je größer ein Meister, desto
sein freies Wesen vollkommen zum Ausdruck gelangt, allgemeingültiger und deshalb persönlicher ist seine
erweist dieser sich als kein chaotischer, anarchischer, son- Form. Alle Bedeutung für andere dessen, was einer hat,
dem als gesetzmäßig gebundener. Der Mensch beruht auf seiner Ausdrucksfähigkeit. Daher die Bedeu-

singt und sagt ursprünglich in »Rhythmen«......... tung spezifischer Begabung. . Nur wer sich allgemein-

Die allerstrengste Form hat echte Inspiration niemals gültig ausdrücken kann, nur dessen Persönliches ist in

beschränkt, im Gegenteil: gerade sie verhilft jener zur voller Freiheit äußerungsfähig. Dies gilt vom Klassiker,

gemeinten Verkörperung. Nie wirkt Formloses frei, es Klassiker ist, wer Material und Form spielend beherrscht,

wirkt auch nicht befreiend, nicht erlösend. . Nur als »ge- Neu-Erfindung kommt niemals anders zustande, als

prägte Form« erhält sich Lebendiges überhaupt. . Das daß den unveränderten Elementen der Erscheinung von

Vollendete ist immer zugleich allgemeingültig, denn es ist innen heraus neuer Sinn gegeben wird. . . Ist neuer

vorbildlich. Deshalb gibt es kein menschliches Ideal und Sinn da, dann entsteht auf Grund des Korrelations-Ge-

kann auch keines geben, das nicht den »Norm-Begriff« setzes von Sinn und Ausdruck zwangsläufig eine neue

in diesem Sinn voraussetzte und einschlösse......... entsprechende Gestalt. Daher die Einzigkeit jedes schöp-

Es müssen sämtliche Gesetze des inneren Menschen ferischen, persönlichen Stils: er ist das Korrelat der Einzig-

sowohl als der Natur vollkommen befolgt sein, damit das, keit der individuellen Seele. Daß sich im übrigen auch

was frei ist, sich unbehindert äußern könne. Daher kommt die persönlichste Schöpfung als irgend einem allgemeinen

es, daß Form nicht nur bindet, sondern vor allem befreit. Typus entsprechend erweisen läßt, und daß es über-

Demgegenüber wirkt kein Formloses befreiend und sieht persönliche Kunst-Stile gibt, hat den gleichen Sinn wie

sich jeder Formfeind wieder und wieder besiegt oder zur die Tatsache, daß sich alles Lebendige von jeher

Ohnmacht verurteilt. . Wer innerhalb dieser Welt wir- auf das Skelett fester Grundtypen hin entfaltet hat.

ken will, muß deren Gesetze befolgen. Der Schaffende Uberall ist es die ganz bestimmte Form, die einzig und

muß sämtliche Normen möglicher Wirkung beherrschen, aHein den gemeinten »Sinn« der Erscheinung einbilden

indem er ihnen folgt. Und in je weiterem Umfang er den kann. Der Sinn ist an den entsprechenden Ausdruck
 
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