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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 37.1926

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Wolff, Gustav: Wandel der Bautypen: Kollektiv- und Individual-Schöpfung
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Tillich, Paul: Die neue Erkenntnis
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https://doi.org/10.11588/diglit.10704#0358

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Und nun tritt eine interessante Erscheinung gesetz-
mäßig auf: kaum ist das Optimum erreicht und hat noch
in dieser und jener Anwendung auf den Sonderfall eine
leise Abwandlung gefunden, so erlahmt bei den eigent-
lichen Erfinder- und Schöpfer-Kräften das Interesse für
den Typus. Vom ehrbaren Handwerk noch lange und mit
gutem Nutzen beibehalten, »verflacht« der Typus oder
stirbt. Die Erfinder aber wenden sich schon vorher dort-
hin, wo neue Werkstoffe, neues Werkzeug, neue
Zwecke, Ansprüche und Erkenntnisse neue »Primitiv-
Typen« gebären: bis denn auch diese allmählich wieder
in einem Gipfel-Typus ihre Vollendung finden — und
sich so der Kette vom Werden und Vergehen als ge-
rundetes Glied anschließen. . . gustav wolf (in »dik forhc).



Der Menschengeist fühlt dunkel die Pflicht der
Formung, weil alles Menschenwerk wie das Gebilde
der Natur nicht eher sein Dasein ganz ausfüllen kann, ehe
es nicht seine eigene Form gefunden hat. . w.riezler.



Der Wissenschafter sieht überall »Probleme«, weil
die Wissenschaft in ihrem Wesen die Kunst der
Frage ist. Die Kunst des Künstlers besteht in der Ge-
staltung eines Gleichnisses seines Daseins, carl v. lorck.

»DIE NEUE ERKENNTNIS«

Die »Wahrheit einer Zeit« ist ihre Stellung zu dem
tragenden und richtenden Unbedingten. Das Wort
»Kairos« heißt: »erfüllte Zeit«, konkreter geschicht-
licher Augenblick, »Zeitenfülle«. Eine Zeit als »Kairos«
betrachten heißt: sie im Sinne einer unentrinnbaren Ent-
scheidung, einer unausweichlichen Verantwortung
betrachten. . Erkenntnis aus dem »Kairos« heraus ist also
nicht Erkenntnis aus dem Beliebigen, Zufälligen einer Zeit
heraus, sondern aus ihrem tragen den Sinn, also aus dem,
was Schicksal der Zeit ist, aus dem, worin die Zeit ge-
tragen ist vom Unbedingten. . Dieser »dynamische«
Wahrheits-Gedanke ist nicht relativistisch, er hat kein
statisches Absolutes, auf das bezogen er relativ genannt
werden könnte, sondern der »statische« Wahrheits-
Gedanke zwingt zum Relativismus, sobald die Hybris
des absoluten Standpunktes zerbrochen ist. . Der dyna-
mische Wahrheits-Gedanke überwindet die Alternative
»absolut-relativ«. Denn der »Kairos«, der Schicksals-
Moment des Erkennens ist »absolut«, insofern er in die-
sem Augenblick vor die absolute Entscheidung für
oder wider die Wahrheit stellt, — und er ist »relativ«, so-
fern er weiß, daß diese Entscheidung nur als konkrete
Entscheidung, als Zeitschicksal möglich ist. . paul tillich.
 
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