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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 37.1926

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Ritter, Heinrich: Die natürliche Ordnung
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https://doi.org/10.11588/diglit.10704#0407

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INNEN-DEKORATION

381

»haus & garten«-wien. kastchen in massiv rosenholz und kastchen mit intarsia aus edelhölzern

DIE NATÜRLICHE ORDNUNG

Am Anfang des Jahrhunderts belebte sich wieder ein- Wohnen nicht ohne eine solche Spezialisierung auskommen
L mal, wenigstens theoretisch, die Wertschätzung der konnte; aber durfte das dahin führen, daß der Raum
Architektur als der Herrscherin aller Künste. Und im schließlich zum bloßem »Gehaus der Gehäuse« herabsank?
Zusammenhang damit kam die Erkenntnis wieder auf, Daß das Möbel den Raum und den Menschen zu bedrücken
daß besonders auch die Malerei ursprünglich ein dienen- begann? Wir haben doch heute noch in China, in Japan,
der Bestandteil des räumlichen Gesamt-Kunstwerkes ist. in Indien, in der Türkei Beispiele, daß hochzivilisiertes
Seiner frühesten Funktion nach ist das Gemälde ge- Wohnen möglich ist ohne diese Auswucherung der ab-
schmückte Wandfläche und als Fresko oder Mosaik mit getrennten Hohlräume, ohne diese derbe Emanzipation
ihr und dem Raum verbunden. Erst spätere Zeiten, in der uns umgebenden Dingwelt.. Und es scheint, wir stehen
denen sich die Auflösung altehrwürdiger Gemeinschaft vor einem Umlernen. Gewisse Wendungen in der neuzeit-
vollzog, haben das Bild von der Wand gelöst, haben es liehen Innen - Ausstattung Europas kann man dahin deu-
»emanzipiert« und als Staffelei- ten, daß der Mensch und der
bild verselbständigt.. Sollte MjjjMK^^^M^^MBBBBMMBBSaMWMfcw. Raum die verlorene Herrschaf t
eine ähnliche Entwicklung nicht HHH^HHnK« «ijgWjJflMMMB^hh über das Möbel wieder an sich

fH nehmen wollen. Es ist, als

vor sich gegangen sein? Hat wollte der Mensch sich einen
sich nicht in den letzten Jahr- JUk Ausgleich schaffen dafür,
hunderten das Möbel in unse- HIEiflHHH daß die Dingwelt ihn auf vie-
ren Räumen so breit gemacht, KJ| len Gebieten des öffentlichen
so verselbständigt, daß es über und privaten Lebens so weit
den Raum vollkommen Herr in den Hintergrund gedrängt
geworden war? Und nicht nur hat. Die neue Innenausstattung,
über den Raum, sondern auch B^jWBWWBi die im Werden ist, verweist
über den Menschen? Haben das »emanzipierte Möbel« zum
wir uns nicht eine Art Scheu Teil in die Wand zurück, zum
vor der freien Wand anerziehen Teil reduziert sie das Übermaß
lassen? Behandelten wir den seiner Abmessungen, seiner
eigentlichen Raum nicht längst Wirkung, seiner Ambitionen;
als etwas, das man verstecken, sie macht es dem Raum und
verstellen, verfälschen muß, da- ^^Efl dem Menschen wieder »unter-
mit es uns gefallen und dienen tan« und stellt damit eine
könne? Jedes Möbel, insbeson- ^Bff8 ursprüngliche Ordnung
dere jedes Kasten-Möbel, ist >J(^ und ein ausgeglichenes »Ver-
die Spezialisierung einer be- l^r hältnis« wieder her, bei der
stimmten Raumfunktion. Zu- • J beide Teile wohl am besten ge-
gegeben, daß das zivilisierte »haus & garten«-wien. kommode in massiv makassar deihen werden. . heinr. ritter.

1926. x. 4.
 
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