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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 37.1926

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Vom ewigen Blumen-Garten: er ist Sinnbild der Lebens-Intensität
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https://doi.org/10.11588/diglit.10704#0410

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384

INNEN-DEKORATION

werkstätten »haus & garten«-wien staudengarten am haus l.-wien

VOM EWIGEN BLUMEN-GARTEN

ER IST SINNBILD DER LEBENS-INTENSITÄT

Die Freude, die wir an den Blumen haben, das ist
noch ordentlich vom Paradiese her«, schrieb Ph.
O. Runge in einem Brief an seinen Bruder Daniel. .
»Natur- und Kulturvölker huldigen in gleicher Hingabe
diesen zartesten Gebilden der Natur«, — so führt Dr.
Ernst Zeh gelegentlich einer Besprechung der Ausstellung:
»Die Blume in Kunst und Natur« in der Kunsthalle-
Mannheim aus. »Aus arabischen und persischen Dich-
tungen strömt der süße Duft von Veilchen, Rosen und
Hyazinthen. Die in leuchtenden Farben prangenden Fliesen-
wände türkischer Moscheen zaubern paradiesische Blumen-
gärten vor das Auge.« — »Nehmt nur den Ginster, nehmt
Lilien und bunte Narzissen / Streut sie im Saal. Es glüht
schon in duftender Lampe / Arabischer Balsam und dampft
lautlos zur goldenen Wölbung! .«, singt ein Dichter
des 5. Jahrhunderts . . Phantastische Orchideen tragen
Frauen der Südsee heute noch als Kopfschmuck zum Tanz,
Blumenfeste feiert in Japan Jung und Alt. Jeder Monat
bietet ein neues Blumenwunder: Februar und März die
weiße Pflaumenblüte, April die rötliche Kirschenblüte,
Mai die purpurfarbene Wistaria, Juni die blaue Iris. . . .

*

Lilien, Zeitlosen, Maiblumen, Veilchen, Salbei, Fenchel,
Hahnenfuß und Minze wuchsen in den »Würzgärtlein«
unserer mittelalterlichen Burgen und Klöster. In den
»Minnegärtlein« luden besonders umpflanzte Blumen-
bänke ein, in nächster Nähe den Duft der Blumen zu ge-
nießen, sich in ihre stille Schönheit zu versenken. Das
Mittelalter war sehr blumenliebend. Auf den Miniaturen

und Tafelbildern jener Zeit sprießen und blühen deutsche
Waldblumen auf grünem Rasen zu den Füßen heiliger
Männer und Frauen, feiern Lilien und Rosen, Iris und
Akelei mitanbetend die Gegenwart der Mutter des Herrn.
Neue Blumen kamen im 16. Jahrhundert vom Morgen-
land ins Abendland, vor allem Tulpen und Hyazinthen.
Die Tulpe wurde die Modeblume des Barock. . Von der
»Tulpenmanie« war in jener Zeit Reich und Arm be-
sessen. Hab und Gut tauschte man gegen seltene Tulpen-
zwiebeln ein. Für eine Zwiebel der »Semper Augustus«,
der Tulpenfürstin, wurden 13000 Gulden bezahlt.« . . .

*

Neues Leben brachte in das starrgewordene Schema
unserer Gärten in neuerer Zeit die Pflege der »Stauden-
gärten« — mit ihren hochragenden, vom Frühling bis
zum Herbst blühenden Dolden von Rittersporn und Eisen-
hut, von Phlox und Riesenglockenblumen, von flammen-
den Dahlien und zartfarbenen Astern, dicht gereiht neben
den plattenbelegten Wegen, — und der »Steingärten«,
deren Felsen überwuchert werden von dem Blütenflor der
zierlichen Gewächse. . Und der »Rosengarten« ist ge-
blieben durch all die Jahrhunderte bis in unserer Zeit. .
Viele Dinge wurden von den Menschen gepflegt und dann
zu Zeiten wieder vergessen, die Liebe zu den Blumen
aber hat nie abgenommen; sie, die Symbole des auf-
blühenden und schnell verwelkenden Lebens werden ewig
geliebt, weil sie in Schönheit zu leben und uns das
Schauspiel der höchsten Lebens-Intensität zu
bieten wissen, das Allen zu allen Zeiten wohlgefällt. . h. l.
 
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