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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 38.1927

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Volkelt, Johannes: Vom Schauen des Schönen: ästhetische Lust bedeutet Belebung
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https://doi.org/10.11588/diglit.10702#0030

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INNEN-DEKO RATION

VOM SCHAUEN DES SCHONEN

ÄSTHETISCHE LUST BEDEUTET BELEBUNG

In die ästhetische Befriedigung fließt eine Fülle von
Lustquellen ein. Das Künstlerische an jedem Kunst-
werk stellt einen reichen Inbegriff von Erfüllungen dar,
von denen eine jede dem Betrachter des Kunstwerkes
einen eigentümlichen »Lust-Ertrag« spendet, — so
z. B. die Funktionslust des »Anschauens«, die Lust der
»Gefühls-Lebendigkeit«, die Freude an der ausdrucks-
vollen Form (»Lust der Einfühlung«), an der organischen
Gliederung der Form, die aus der Willen- und Stoff -
losigkeit fließende Befreiung unserer Gemütsverfassung
(»Lust der Entlastung«), die Erhöhung unseres Wesens
durch das »menschlich Bedeutungsvolle«. . Zu diesen all-
gemeingültigen, bei jedem Kunstwerke mehr oder weniger
in Betracht kommenden Lustquellen gesellen sich noch
Lust-Ursprünge besonderer Art in unübersehbarer Zahl.

Die Befriedigung, die sich unser in der Hingabe an
Kunstwerke bemächtigt, macht sich uns als »Belebung«
unseres ganzen Innen-Menschen fühlbar. Die ästhetische
Lust ist keine Lust der Aufgelöstheit, der nachlassenden
Kraft, sondern eine Lust mit dem Gepräge des »Auf-
wärts«, eine Lust in der Richtung des »Erfrischens«.
Ansteigende Kraft kündigt sich unmittelbar in der ästhe-
tischen Lust an. Sodann grenzt sich die Lust der Bele-

bung von allen solchen Befriedigungs-Weisen ab, an denen
die Natürlichkeit unseres Innenseins nicht wesenhaft
beteiligt ist. Die von »Wissen« ausgehende Beglückung
kommt wesentlich ohne das, was wir als »Unmittel-
barkeit« unseres Innenseins spüren, zustande. Gerade
aber das Unmittelbare, das Naturartige, Unwillkürliche,
Triebartige unseres Innenmenschen ist es, was der ästhe-
tischen Beglückung ihre eigentliche Färbung gibt......



Bei aller Erregung, in die wir durch die Hingabe an
Kunstwerke versetzt werden könen, macht sich die ästhe-
tische Lust in ihrer Gesamtqualität doch als ein harmo-
nisches Austönen unseres Ich fühlbar. Es ist eine Lust mit
dem ausgesprochenen Charakter des »Gleichgewichts-
vollen«. Nicht das erkennende, nicht das wollende
sondern das vitale und zugleich ideal-gerichtete Ich, unser
»sinnlich-unsinnliches« Ich ist das Medium, in dem sich
das ästhetische Harmoniegefühl ausbreitet. Indem wir
spüren, wie uns im ästhetischen Verhalten Harmonie durch-
strömt, fühlen wir uns als Lebendiges und Geistiges in
Einem. In der ästhetischen Beglückung steckt eine eigen-
tümliche Verbindung von Wärme und Kühle, von intimer
»Wirklichkeits-Nähe« und zugleich von vornehmer
 
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