Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 38.1927

DOI Artikel:
Mumford, Lewis: Das Wohnhaus die hohe Aufgabe: die Baukunst als Gefäss der Kultur
DOI Artikel:
Mendelsohn, Erich: Gestalte deine Zeit!
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10702#0067

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
INNEN-DEKORATION

47

architekt gustav müller-wien empfangszimmer mit wandnische

DAS WOHNHAUS DIE HOHE AUFGABE

die baukunst als gefäss der kultur

Keine Aristokratie der Welt hat jemals daran ge- bar. Früher oder später einmal müssen wir Menschen

zweifelt, daß dem Wohnhaus, dem Garten und uns wieder herausfinden aus dieser Welt, die ausschließ-

dem Tempel vor allen niedrigeren Einrichtungen der lieh das Werk der Zwerge, Gnomen und der Riesen ist.

Vorrang gebührt, — und die volkstümlichen Kulturen, Die Aussichten für die Entwicklung und die Zukunft

aus denen sich die Aristokratien zu entwickeln pflegten, unserer Baukunst sind mit einer Neu-Orientierung

haben sich fast ausnahmslos an diese Tatsache gehalten. . auf allen Gebieten verknüpft, deren Symbole: das Heim,

In den altnordischen Mythen gelten die ruhelos sich der Garten, der Tempel sind. Denn die Architektur

betätigenden »Zwerge« als seltsame Unholde, weil man ist das Spiegelbild der Kultur eines Volkes und das

sie nur als das vom Übereifer besessene, übergeschäftige edle Gefäß, das sie bewahrt.. lewis mumford—new york.

Volk kennen lernt, dessen ganzes Dasein und ganzes ^

Glück in der unaufhörlichen Arbeit besteht, die sie ver- _„c,r_,AT__1 _ T

. ,. , . . j . . ,. »GESTALTE DEINE ZEIT!«
richten müssen, — und in dem Unheil, das sie anrichten.

Das große Ketzertum der modernen Menschheit be- "X Tiemals hat eine kraftvolle Zeit einer anderen Zeit
steht darin, daß sie aufgehört hat, die hohen Mächte INI mehr zugetraut als sich selbst. Und da sollen wir
zu verehren, die über Leben und Tod herrschen, die den Architekten allein nachhinken und Perücken tragen, wir
Wassern ihren Lauf vorschreiben, die den Tieren gebieten, Ingenieure und Baumeister, die euer Haus bauen, eure
sich zu paaren, die das jährlich wiederkehrende Wunder Städte, die ganze sichtbare Welt?. Laßt euch nichts ein-
der Schöpfung bewirken. . Und statt dessen liegt sie reden! . Ihr sagt, es gibt keine Bauherren? Redet euch
vor der maschinellen Erfindungsgabe und vor den Mach- keine Schwachheiten ein. Hier sind sie! . Also in den
werken der »Zwerge« und vor den »Riesen« mit ihrer Raum hinein, die Massen aufgeschichtet, aus dem Grund-
geistesschwachen Kräfte-Entfaltung demütig im Staube, riß den Raum gezaubert in die Luft! . Sei mutig, sei klug,
Heute steht es so, daß unser höheres menschliches Da- faß das Leben beim Schopf! Unser Leben ableugnen zu
sein dauernd von diesem allzu geschäftigen Volke be- wollen, ist Selbstbetrug und feige. Seine Entwicklung
droht ist, daß ihre Maschinen bald unsere einzige Um- zurückhalten zu wollen, ist töricht und aussichtslos. Be-
gebung bilden, und unser Gottesdienst darin besteht, daß herrsche die Zeit! Sei Schöpfer: gestalte deine Zeit! .
wir ihre mechanischen Gebetsmühlen im Gang halten. Das sind deine Verpflichtungen, her mit deiner Ver-
So wird es aber nicht ewig bleiben; das wäre zu furcht- antwortung: — sei Führer! . . . erichmendelsohn.
 
Annotationen