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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 38.1927

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Geron, Heinrich: Rhythmik im Innenraum: eine vergleichende Betrachtung
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https://doi.org/10.11588/diglit.10702#0086

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INNEN-DEKORATION

professor josef hoffmann-wien frühstücks-zimmer. landhaus ast

RHYTHMIK IM INNENRAUM

eine vergleichende betrachtung

Das Rhythmische wird immer erreicht durch plan- Stelle, zu beiden Seiten der Halle oder ihres mittleren

mäßige Verteilung der Massen und Gewichte, ver- Teils, sitzen die Begleiter symmetrisch an kleinen Tischen

ständiges Einsetzen von Zäsur, Aufballung und Abwallung, zwischen je zwei Stühlen und blicken von Osten oder

durch einen harmonischen Sinn, der die Kadenzen und Westen nach der Mitte. So ist es auch mit den Begleitern

Linien maß wissend auf einander abstimmt, zueinanderführt der Götter im Tempel. Die Wohngesittung steht hier auf

und ins Ganze einordnet. Dies ist in der Poetik nicht der Betonung des symmetrisch regulären Gleichmaßes. .

anders als in der Architektur, fordert in der Landschafts- ★

Gärtnerei genau denselben Raumtakt und genau die gleiche Der grundsätzliche Unterschied zwischen chinesischer

Taktik wie in der Musik oder in der Innendekoration. . . und europäischer Wohngesittung wird hier deutlich. Im

★ konfuzianischen Osten das Kanonische, Starre, im Westen
Ein Schulbeispiel für »Wohn-Rhythmik« bietet das das Bewegte und Gelöste. Für uns wäre das Chinesische
altchinesische Wohnhaus. Hier ist der ganze rhythmische Gefahr, sie hieße Schablone, Formalismus, Leblosigkeit.
Aufbau auf das Reguläre und Symmetrische eingestellt. Für die Chinesen wäre das westliche Wohnwesen Gefahr,
Das Anwesen gruppiert sich um eine mittlere, nach Süden sie hieße Wahllosigkeit, Bedeutungslosigkeit. Die Welt-
zeigende Hauptachse. Die Mitte hält das Haupt-Gebäude, anschauungen sitzen an den beiden vornehmsten Plätzen
in dem drei, fünf oder sieben Räume mit der Front nach des Empfangsraums auf dem »Sitzkang« und meiden sich
Süden nebeneinander liegen. Im mittleren Hauptraum mit den Augen, blicken nach Süden: die ewige Achse,
steht in der Hauptsache an der Rückwand an vornehmster die Mitte entlang. . Für den Chinesen, solange er noch
Stelle der »Sitz-Kang«, — eine Sitzbank mit kleinem seiner Tradition treu bleibt, ist das Wohnen ein schöner
Tisch. An dieser Stelle weist der Hausherr seinem Gast und strenger »Kult«; für den Europäer, solange er das
den östlichen Ehrenplatz an, er selber nimmt den west- Wesen und Erbe seiner Kultur wahrt, ist das Wohnen

liehen Platz ein, beide blicken während der Unterhaltung eine schöne und freundliche »Lebens-Festlichkeit«.....

nach Süden die Achse entlang. Die Mitte selbst bleibt *

frei. Sie ist Symbol für das Höchste und wird durch So betont die Raumrhythmik der uralten östlichen

Bilder und Sprüche an der Wand oder durch den Ahnen- Kultur das einförmig Ewige in symmetrischer Setzung,

Altar betont. Im Palast thront hier der Kaiser, in der und der Westen besteht zurecht im schöpferischen Freimut

Tempelhalle der Gott. Unterhalb dieser vornehmsten seiner lebendigen Werdens- und Wandellust. . h. geron.
 
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