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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 38.1927

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Schiebelhuth, Hans: Kultiviertheit und Handarbeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.10702#0112

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INNEN-DEKOR ATI ON

KÄTE LOUISE ROSENSTOCK-LEIPZIG KLEINE TISCHDECKE MIT TÜLLSTICKEREI

KULTIVIERTHEIT UND HANDARBEIT

Kultiviertheit hat, wie das Wort schon sagt, sehr viel
mit Kultur zu tun. Sie ist die lebendige Pflege des
menschentümlich Errungenen; sie erfaßt das Dasein als
»Lebensform«; sie verbürgt und bewahrt das Gestaltete
in seinen Beziehungen zum Alltag; sie ist ganz und gar
Sache der Haltung. . Jede Kulturtat ist von dem inneren
und oberen Weltverhalt her ermächtigt; jede kultivierte
Lebens-Äußerung setzt sich in dem von der Kultur
gesetzten Rahmen mit der Welt auseinander. . Es gehört
eine große Menge menschlicher Qualität dazu, ein wahr-
haft kultivierter Mensch zu sein: nämlich eine Unsumme
von Takt, Geschmack, Fingerspitzengefühl, Lebens-In-
stinkt, dazu Nüchternheit für zeitliche Schwankungen,
eine unumwundene Lebens-Bejahung, ferner viel Ironie
und Zärtlichkeit, Nähe und Distanz, Würde und Wissen,

Verstandes-Kühle und Maß-Kenntnis, Liebe und Urteils-
fähigkeit, Traditions-Sinn und Lust für das Werdende,
kurz alle positiven Verlautbarungen eines menschlichen
Rangs. . Es gibt vielleicht kein Teil-Gebiet, in dem sich
Kultiviertheit produktiver äußern könnte, als in den
kleinen Künsten, dem Kunsthandwerk, der weiblichen
Handarbeit! Hier werden nicht Welten gewälzt, wie
in großen Kulturtaten, sondern hier gilt es: am Kleinen
und Feinen in ständiger Veredlung der Gestaltungsweisen
eine gepflegte Lebenswürde zu bewahren und auszuleben.
Am ungeheuren Umfang der menschlichen Kultur-Auf-
gabe gemessen, sind die Leistungen dieser Künste viel-
leicht klein, — im Rahmen des Gegebenen gesehen,
können ihre Leistungen dennoch unermeßlich sein, Wesent-
liches und Welthaftes behaupten. . . hans schiebelhuth.
 
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