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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 38.1927

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Wright, Frank Lloyd: Grundstruktur und Phantasie: vom menschlichen Element im Wohnungsbau
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https://doi.org/10.11588/diglit.10702#0119

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INNEN-DEKO RATION

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ARCHITEKT OLIVER HILL F.R.l.B.A.-LONDON SPEISEZIMMER IM LANDHAUS IN W.

GRUNDSTRUKTUR UND PHANTASIE

vom menschlichen element im wohnungsbau

Es ist nicht wahr, daß das Zeitalter der Maschine die aus dem Spiel läßt. Am leichtesten ist es, so zu handeln,
Betätigung der künstlerischen Phantasie verleugnen wenn man ein echtes Gefühl für eine gewisse Schlicht-
soll. Denn die Schmuckform ist die Poesie der Form heit und jene Selbstverleugnung besitzt, welche die Ma-
und gibt dem rohen Gebilde erst Beredsamkeit und ge- schine da diktiert, wo die Phantasie in ihrer gefühlsmäßigen
fühlsmäßige Betonung, wo sonst die Beziehungen zum Harmonie mit menschlichem Bedürfnis und menschlichem
mitfühlenden Menschenwesen fehlen würden. Auf diese Maßstab nicht hinreicht. Aber das Kokettieren mit der
Eigenschaften des Lebens- und Gefühls-Einklanges haben Einfachheit kann zuweilen auch nur eine Form von Künst-
die Menschen noch immer ihr unverlierbares Anrecht. . 1er-Anmaßung, eine neue Art von Großtuerei sein. . . .

Der Künstler macht aus den harten Gebilden der In den Arbeiten meiner früheren Tage war die Wir-
Struktur solche, die wahrhaftiger sich dem Leben ein- kung der geraden Linie zusammen mit den freigehaltenen
fügen: er bringt das Ganze »zum Blühen«. Die Oberflächen einfach maschinengearbeiteter Materialien
geradlinige Grundform ist gegeben, aber — wie bei allem ein Zugeständnis an die mechanische Methode, — oder
organischen Wachstum — : das natürliche Blühen mag an die Maschine als Werkzeug. Um das Möbel kom-
zuweilen Stiel und Stengel verdecken. . Die Maschine fortabel zu machen, mußte ich das »menschliche Element«
bedeutet nicht den Tod der Blüte und ihres Wesens, dazufügen. Und gleicherweise bei den Bauwerken: das
und damit den Tod der Frucht. Nein, sie bedeutet: mehr geradlinige Element muß auf mannigfaltige Weise ab-
Blüten als jemals zuvor und darum mehr Frucht, — so- gewandelt werden, damit die Einbildungs-Kraft es mensch-
lange nur die künstlerische Phantasie des Menschen frucht- lichem Bedürfnis und Gefühl formal anpaßt. . Das ist, wie
bar und schöpferisch ist. Je weiter die Maschine vor- ich es auffasse, die Kunst des Bauens auf der Grund-
rückt, desto mehr sind die Bauwerke und Einrichtungs- läge einer wissenschaftlich-technischen Leistung. Aber
Stücke abhängig von der menschlichen Gestaltungs- und das sind nicht zwei getrennte Materien. Sie hängen zu-
Einbildungs-Kraft, die sie belebt und bedeutsam macht. sammen in der Hervorbringung des Ganzen. Es ist
Es ist ebenso leicht, die Wirkungen des Wesens mo- diese Einheit bei jedem Bauwerk, dieser Wille zum
derner Maschinenform zu »imitieren«, wie man die Stil- Natürlichen und aus dem Natürlichen heraus, die den
formen der Antike imitieren konnte — zuweilen kann das geheimnisvollen Anspruch aufstellt, daß ihr Wesen
geschehen, indem man einfach das Element des Ornaments auch von Dauer sein soll. . frank lloyd wright.
 
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