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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 38.1927

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Michel, Wilhelm: Ja und nein zur "Wohnmaschine": es handelt sich um Tatsachen-Fragen
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https://doi.org/10.11588/diglit.10702#0251

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INNEN-DEKO RATION

231

I

ARCHITEKT THILO SCHODER - GER A-REUSS KÜCHE IM HAUSE STROSS-REICHENBERG

JA UND NEIN ZUR »WOHNMASCHINE«

ES HANDELT SICH UM TATSACHEN-FRAGEN

ch lese: »Würde das Problem des Wohnens und des seine Bedingungen und Anforderungen von Stadt zu Land,
Wohnraumes so sorgfältig durchstudiert wie ein Auto- vom Gebirg zur Ebene, vom Norden zum Süden, vom
Gestell, so sähe man mit einem Schlage unsere Häuser Reichtum zur Armut. Und selbst innerhalb der gleichen
sich verwandeln und besser werden. Würde man die äußeren Bedingungen führen soziale, kulturelle Unter-
Häuser fabrikmäßig, im Serienbau herstellen, so sähe schiede eine Unzahl weiterer Differenzierungen herbei,
man mit einem Schlage unerwartet neue, aber gesunde, Gewiß: die Zweckfrage darf an jedes Gebild von Menschen-
vollgültige Formen auftauchen.« . . Da stellt sich also zu- hand gestellt werden. Aber es macht einen gewaltigen
nächst die Frage: warum geschieht es eigentlich, daß Unterschied, ob der Zweck ein »eindeutiger« ist oder
man das Problem des Wohnens und des Wohnhauses ein so »vieldeutiger «, wie es beim Wohnen der Fall ist!
nicht ebenso sorgfältig durchstudiert wie ein Auto-Ge- Das Automobil beherbergt den Menschen nur auf
stell? Liegt das an einer Blindheit oder Trägheit oder kurze Zeit; der Kreis von Anforderungen, die an das-
gar an einer interessierten, bösen Absicht? selbe gestellt werden, ist relativ sehr eng, es hat nicht
Beim Nachdenken ergibt sich vor allem, daß das Pro- mit dem Menschen in seiner Ganzheit und Dauer, sondern
blem des Wohnraumes mit dem Problem des Auto- nur mit einem bestimmten »Ausschnitt« aus seiner Gesamt-
Gestells keineswegs ohne weiteres verglichen werden Existenz zu tun. . Das Wohnhaus aber tritt zum ganzen
kann. Der Hauptunterschied ist der: der Zweck des Menschen in Beziehung; es will und soll die Fassung seines
Auto-Gestells ist eindeutig, — der des Wohnhauses ganzen Lebens darstellen. Dem Automobil kann man in
ist extrem vieldeutig. »Fahren« ist überall in der Welt der Wohnung nur jenen »technischen Komfort« ver-
das Gleiche. Das Automobil ist eine technische Leistung, gleichen, der zur Erfüllung gleichförmiger zivilisatorischer
die in eindeutiger Beziehung zu bestimmt abgegrenzten, Anforderungen bestimmt ist; also den Waschtisch mit
absolut uniformen Bedürfnissen des Menschen steht. In fließendem Wasser, das Bad, die Heizungs-Anlage, den
Kapstadt wie am Nordkap kann derselbe Wagen fahren. Speise-Aufzug, den Müllschacht usw. Hier gibt es keine
Der Brauerei-Besitzer stellt an den Wagen, der ihn Individualität, hier steht die Technik vor Bedürfnissen,
befördert, dieselben Anforderungen wie der Philosoph. die sich durch alle Schichten hindurch gleichbleiben.

Aber das »Wohnen«! Wohnen ist von einem Klima Aber im übrigen ist der »Wohnzweck« aufs reichste ge-

zum andern, von einer Besitz- und Gesellschaftsschicht gliedert. Hier erhebt sich die Gefahr, daß die »uni-

zur anderen eine völlig verschiedene Sache. Eis wechselt forme« Lösung zur Gewalttat und Zweckwidrigkeit wird.
 
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