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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 38.1927

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Schürer, Oskar: Die Stellung des Künstlers: im Altertum und in der Neuzeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.10702#0324

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304

INNEN-DEKORATION

ARCHITEKT OSKAR KAUFMANN FOYER IM »RENAISSANCE-THEATER«

DIE STELLUNG DES KÜNSTLERS

IM ALTERTUM UND IN DER NEUZEIT

Der moderne Mensch, der in alten Berichten liest, wun- wie der mächtige Papst Julius II. um Michelangelos Ar-
dert sich immer wieder über die relativ niedere Stel- beit werben, wenn auch despotisch werben mußte. . Im
lung des Künstlers in vergangenen Zeiten. Er mißt mit Barock hält der Künstler, vor allem der Baumeister, der
heutigen Maßen, wo der Künstler dank der Wertschätzung meist als Festungs-Baumeister beamtet war, diese eigen-
seiner Arbeit zu den obersten Ständen rechnet, jedenfalls artige Balance zwischen Günstling und Bedienstetem, was
in der Theorie heutiger Gesellschafts-Anschauung, — in oft reizvoll nachzulesen ist in den Berichten jener Zeiten,
der Praxis entscheidet ja heute wie immer der materielle Aber in die Anfänge des Barocks reichen auch jene Ge-
Besitz ! Da ist er denn erstaunt, zu lesen, daß man es einst stalten der Künstler-Fürsten zurück, die von den Höfen
als große Ausnahme betrachtet hatte, daß Phidias, der umworben, von den Staaten ausgezeichnet wurden. Tizian,
große griechische Bildhauer, von Perikles, dem allmäch- Rubens! Und mit ihnen war der ganze Stand gehoben:
tigen Staatsmann des blühenden Athens, der Freund- der bildende Künstler rückte auf die soziale Stufe seines
schaft gewürdigt wurde. Wie? War das denn nicht ganz Bruders in Apoll: des Dichters, der ja von Anbeginn eine
natürlich, gar zu einer Zeit der höchsten Kunstblüte? bevorzugte Stellung als Sänger, als »poeta laureatus« ein-
Mußte da der Künstler nicht zu den Ersten der Stadt ge- genommen hatte.. Der letzte Künstler-Auf stieg liegt noch
rechnet werden? Nein, ganz und gar nicht: er war — gar nicht so weit zurück: der Schauspieler hat sich erst
sozial gesehen — in die »Handwerker-Klasse« eingerech- im Verlauf der letzten anderthalb Jahrhunderte herauf-
net — und fühlte sich damals auch ganz wohl darin. . . gearbeitet auf die soziale Höhe, auf der er als Virtuos
Und im Mittelalter, also wieder in einer Zeit ausge- steht. Und der Kunstgewerbler ist vielleicht die jüngste
sprochener Kunstblüte? Auch da galt der Künstler als Erscheinung in dieser Reihe des sozialen Aufstieges. . .
Handwerker, als Steinmetz, als Maler, und nur die ganz *

berühmten Dom-Erbauer zählten als die »magistri operis« Womit aber hat der Künstler diese Standes-Erhöhung
zu den Auserwählten, die der bauende Klerus oder Adel in der Moderne erkauft? Denn alles Irdische muß bezahlt
der Gesellschaft für würdig hielt. Und doch! wie wenige werden. Und der Künstler hat bezahlt. Er hat jene Ge-
ihrer Namen sind auf uns gekommen. In der Renaissance borgenheit in der »Zunft«, in der Gemeinschaft des Hand-
hebt sich dann der ganze Künstlerstand, und man weiß, werks geopfert, aus der ihm einst wertvolle Impulse ge-
 
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