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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 38.1927

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Palágyi, Menyhért: Phantasie und Mechanismus: der Einbildungsprozess ist Entfaltung des Vitalen
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https://doi.org/10.11588/diglit.10702#0486

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466

INNEN-DEKORATION

WEISSENHOF-SIEDLUNG. HAUS MAX TAUT WOHNRAUM. ARCH1T. R. HERFE-STUTTGART

PHANTASIE UND MECHANISMUS

DER EINB1LDUNGSPROZESS IST ENTFALTUNG DES VITALEN

Nicht die »Empfindungen« sind es, die uns eine Ge-
stalt kundtun, Empfindungen sind nur da, um unsere
Einbildung zu erregen, und erst diese Einbildung ist
es, die uns die Gestalt erfassen läßt. . Empfindungen
sind allerdings eine unerläßliche Bedingung für die Wahr-
nehmung irgendwelcher wirklich daseiender Gestalten
der Dinge, aber nicht die Empfindungen selbst, sondern
die durch diese erweckten »virtuellen Bewegungen« sind
es, die uns die Gestalten enthüllen. Man steht hier der
wunderbaren Tatsache gegenüber, daß die wirkliche
räumliche Ordnung der Dinge uns durch die Phanta-
sie kundgetan wird, sodaß wir ohne sie, namentlich
ohne virtuelle Bewegungen, nicht die geringste Ahnung
von der reellen Anordnung, Lagerung und Gestaltung
der tatsächlich bestehenden Erscheinungswelt hätten. . .



Es ist ein Wunder ohnegleichen, daß das Leben, ohne
von der Stelle zu weichen, wo es sich befindet, sich trotz-
dem so verhalten kann, als ob es an eine andere Stelle
des Raumes oder an eine andere Stelle der Zeit ent-
wichen wäre. Dieses »Entrückt-Werden des Lebens-
Prozesses« von dem räumlich-zeitlichen Standort, wo es
in Wirklichkeit verharrt, nennt man Phantasie-Prozeß.
Mechanisch kann sich das Leben an einen Ort gebannt
zeigen; in vitaler Hinsicht ist es trotzdem nicht an jenen

Ort gebannt, sondern kann innerhalb der mechanischen
Fesseln doch dieser Fesseln ledig sein. Diese Selbst-
befreiung des Lebensprozesses von den Banden, die ihn
in Wirklichkeit gefangen halten, nennt man in der volks-
tümlichen Ausdrucks weise: »den Flug der Phantasie«. .

*

Wenn es also irgendeinen Prozeß gibt, durch welchen
sich das Leben mit vollendeter Deutlichkeit vom
Mechanischen abhebt, so ist es der Einbildungs-
Prozeß . Wie nun das Leben nirgends so deutlich dem
Mechanischen entgegentritt wie im Einbildungs-Prozesse,
so ist dieser als die höchste Entfaltung des Vitalen zu
betrachten. Sogar das Gegenwärtige kann nicht ohne
Hilfe der Einbildung wahrgenommen werden. Eine Wahr-
nehmungs-Tätigkeit ist ohne Einbildung nicht möglich. .



Erst das »Bewegungs-Phantasma« macht eine
Raum-Anschauung möglich, mit ihr die Gestalt-An-
schauung, mit ihr die Anschauung der Außenwelt

Überhaupt. . MELCHIOR PALÄGYI (in »wahrnehmungslehrec).



URSPRUNG DES ECHTEN. Hättest Du mehr ge-
fühlt als gemessen, . . notwendig und wahr
hättest Du Deine Pläne geschaffen, und lebendige Schön-
heit wäre bildend aus ihnen gequollen.....goethe.
 
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