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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 39.1928

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Michel, Wilhelm: Vergänglichkeit und Dauer: verschiedene Bau-Gesinnungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.11738#0039

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16 INNEN-DEKO RATION

ARCHITEKT HUGO GORGE IN WIEN WARTEZIMMER Dr. G. KIRSCHHOLZ

VERGÄNGLICHKEIT UND DAUER

VERSCHIEDENE BAU-GESINNUNGEN

Es ist eine Anschauung im alten Orient, — hervorge- die Formlosigkeit behaupten, strebt den Charakter einer
gangen aus dem Nomadentum — daß das Haus, das im Einzelnen und Besonderen durchformten Welt an.
der Mensch sich baut, nicht auf die Dauer angelegt sein Wie stehen nun diese beiden verschiedenen Haus-Gesinn-
dürfe. Es gilt als unfromm, übergroßen Wert auf die ungen gegeneinander? Sie stehen so gegeneinander, daß
Festigkeit der menschlichen Dinge zu legen. Der Mensch sich in der alten orientalischen Einstellung der Mensch
soll sich der Vergänglichkeit aller seiner Werke be- jederzeit von der Allmacht überwölbt und ihr unmittelbar
wüßt bleiben. Er darf nicht vergessen, daß sein festestes hingegeben weiß, während der deutsche Mensch sich vor
Werk Spreu ist vor der Allmacht. Ihr allein darf der allem nur unter dem Auftrage Gottes fühlt: die »Erde sich
Mensch vertrauen, nicht dem, was seine Hände bauen, Untertan zu machen« und ihr vom Geist her Gestalt
schmieden und zimmern. Das allzufeste, allzureiche Haus zu geben. Für die Gotik, für die deutsche Renaissance,
verrät ein Streben, Sicherungen auf eigene Faust zu suchen, für den Humanismus und für die deutsche Klassik ist es
eine eigene, abgesonderte Welt sich zu errichten, die gleichermaßen Gesetz, daß der Mensch verpflichtet sei,
sich dem Willen und Walten der Allmacht entgegenstellt. die kosmische Form und Ordnung in menschlicher
Im Gegensatz hierzu steht das Streben der deutschen Form und Ordnung zu wiederholen und gleichsam ab-
Behausung: gerade eine »Welt für sich« zu sein und zubilden. Nicht gegen die Allmacht stellt sich der deut-
sich allen auflösenden Mächten mit aller Kraft entgegen- sehe Mensch, wenn er fest und auf Dauer hin baut, sondern
zustemmen. Sie sucht die wehrhafte, die reiche und er strebt, mit begrenzten menschlichen Kräften göttlichem
durchgebildete Gestalt. Sie will sich gegen die Zeit Werk sich anzugleichen. . Das ist die Grundlage seiner
behaupten und strebt Dauer an; sie will sich auch gegen Kultur, das der Grundstein seines Hauses. . w.michel,
 
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