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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 39.1928

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Wenzel, Alfred: Die Stimmung des Wohnraumes: seine Beziehung zum Bewohner
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https://doi.org/10.11588/diglit.11738#0047

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24 INNEN-DEKORATION

ARCHITEKT HUGO GORGE-W1EN SPEISEZIMMER. PROF. N. KIRSCHHOLZ

DIE STIMMUNG DES WOHNRAUMES

SEINE BEZIEHUNG ZUM BEWOHNER

Es werden selten Gespräche über Wohnräume oder über
»den« Wohnraum geführt werden, in denen nicht
irgendwann einmal das Wort »Stimmung« fällt. Man
wendet es gerne an, wie man alle jene Worte gerne an-
wendet, deren Bedeutungsumfang so weitgeschwungen
und so elastisch ist, daß in ihm alles Platz findet, was
man von sich aus, ganz gefühlsmäßig, ohne Reflexionen,
hineinlegt. Man sagt »Stimmung« und könnte, — darüber
befragt, was gemeint sei, — gewiß nicht klare Auskunft
geben; der andere hört »Stimmung« und versteht, auch
wenn er das Gemeinte ebensowenig in Worte kleiden
kann. Jeder weiß ungefähr, daß »Stimmung« etwas sehr
Schönes und etwas sehr Notwendiges ist, er fühlt sie
und fühlt ebenso deutlich, wann sie fehlt, vielleicht fühlt
er das letztere noch deutlicher und er könnte darum viel-
leicht auch eher präzisieren, was »stimmungslos«
ist, man könnte also aus einer Analyse fehlender Momente
zur Definition jenes Ganzen kommen, das sie ergeben,
wenn sie da sind. Es wäre auch dann noch schwierig.
Weshalb? . . Weil »Stimmung«, mehr als alle anderen
Worte dieser schillernden Gattung, sowohl etwas sehr
Allgemeines als auch etwas sehr Besonderes, oder

beides zugleich ausdrücken kann.............

Betrachten wir daraufhin einmal das Wort als solches
und seine Anwendungsformen als Verbum! . . Man pflegt
erstens oft von einem Ding zu sagen, daß »es stimmt«
oder »nicht stimmt«. Man sagt dies von Dingen wie von

einer Rechnung und stellt damit einfach fest, daß sie in
sich nicht richtig, und also auch, soweit sie Ergebnisse
irgendeines Bestrebens darstellen, falsch sind. . Jenach-
dem, ob wir nun das Einzelding oder die Gesamtheit
von Dingen, zu denen es in Beziehungen erscheint, als
das Ursprüngliche ansehen, können wir die eben charak-
terisierte Bedeutung des Wortes als die allgemeinste oder
die speziellste bezeichnen. . Sieht man das Ding auf
seine Zusammenhänge mit anderen an, so spricht man
davon, daß es »zu ihnen stimmt« oder nicht; geht die
Beobachtung etwas tiefer, d. h.: sieht man die Dinge
nicht mehr als einfach existent an, sondern schon als
gemachte Dinge, sieht man also in ihnen ein Resultat
von Tätigkeiten, dann pflegt man zu sagen, daß das

Eine zum Anderen »gestimmt ist« oder nicht......



Damit ist schon einiges klargelegt; denn das, was wir
»Stimmung« nennen, ist wohl die Erscheinungsform, die
ein kleinerer oder größerer Bereich erhielt dadurch, daß
alles in ihm »gestimmt« wurde; es ist der Zusammen-
klang von Einzelnem in einem Ganzen. Darin besteht die
»Stimmung« eines Gemäldes, dadurch, daß es in seinen
Teilen, nach Form und Valeur, ausgewogen, »harmoni-
siert« ist auf ein Ganzes hin, versetzt es auch den Be-
schauer in eine »Stimmung«; sie wird nicht immer der
beabsichtigten entsprechen, sondern, gleichsam transpo-
niert auf die Tonika des Betrachters, wirksam werden.
 
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