Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 39.1928

DOI Artikel:
Natürlichkeit und Kunst
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11738#0052

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
INN EN-DEKORATION

29

ARCHITEKT HUGO GORGE-W1EN WAND IM EMPFANGS-RAUM S. B.

NATÜRLICHKEIT UND KUNST

Mir will es scheinen, als sähen wir alle die Natur zu
viel an und lebten mit ihr zu wenig«, — schrieb
Oskar Wilde. — »Ich erblicke viel gesunden Verstand
in der Haltung der Griechen gegenüber der Natur. . Sie
erkannten, daß das Meer für den Schwimmer und der
Sand für die Füße des Wettläufers da sei. Sie liebten
die Bäume um der Schatten willen, die sie werfen, und
den Wald um des Schweigens willen, das zur Mittagszeit
darinnen herrscht. Der Winzer im Weinberg kränzte
sein Haar mit Efeu, um die Sonnenstrahlen abzuwehren,
wenn er sich über die jungen Schößlinge neigte, und für
den Künstler und den Athleten — die beiden Typen,
die uns Hellas geschenkt hat — flochten sie die Blätter
des bitteren Lorbeers und der wilden Petersilie, die sonst
dem Menschen zu nichts getaugt hätten, zum Kranze.

Wir nennen uns ein »Utilitäts-Zeitalter« und wissen kein
einziges Ding zu nützen. — Wir haben vergessen, daß
Wasser reinigen, Feuer läutern kann und daß die Erde
unsere Allmutter ist. Demgemäß ist unsere Kunst vom
Monde, während die griechische Kunst von der Sonne
ist und sich unmittelbar mit den Dingen befaßt. . Ich bin
überzeugt: die Elemente haben läuternde Kraft«.

Wir Heutigen haben wieder den Typus des »Athle-
ten«, des gesunden Sports-Menschen auf der einen
Seite. Und wie steht es mit der Bildung des dem Leben
verbundenen Künstler-Typs? Wie mit der Erkenntnis
seiner Daseins-Grundlage? . Nicht um eine »Abkehr
von der Kunst zur Natur« handelt es sich in unserer
Zeit, sondern nur um eine »Abkehr vom Künstlichen«:
hin zur Natürlichkeit . . Körperkultur, Hygiene, sach-
liche Klarheit sind der Kunst, die unter dem selben
Gestirn erblüht, nicht feind, sondern verschwistert. . L,
 
Annotationen