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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 39.1928

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Freund, C. M.: Räume für den Mittelstand: der "Vereinigten Werkstätten für Kunst im Handwerk"
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https://doi.org/10.11588/diglit.11738#0122

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INNEN-DEKORATION

ver. werkst. f. kunst im hand werk-münchen schlafzimmer. entwurf von fritz a. breuhaus

RÄUME FÜR DEN MITTELSTAND

der »vereinigten werkstätten für kunst im handwerk«

Man kann gewiß das Haus als eine »Wohnmaschine«
auffassen und sich damit begnügen, wenn ein Raum
»technisch« allen Forderungen genügt, die an ihn gestellt
werden. Man kann aus dem abstrahierten Begriff des
Sitzens ein Sitzmöbel aus Stahlrohrrahmen und Gurten
konstruieren, — aber es fallen dann eben jene Elemente
vollkommen weg, die den besonderen Reiz eines Korb-
Sessels oder eines Leder-Sessels oder eines Sofas aus-
machen. Und die Tatsache, daß es eine große Schicht
von Menschen gibt, die eine persönlichere Beziehung zu
den Räumen, in denen sie leben, verspüren wollen, läßt

sich eben nicht aus der Welt schaffen..........

Überlegungen dieser Art gehen einem durch den Kopf,
wenn man die drei Räume von F. A. Breuhaus durch-
wandert, die die »Vereinigten Werkstätten für
Kunst im Handwerk« in München (Odeonsplatz 1) zur-
zeit ausstellen. Es sind ruhige und unauffällige Interieurs,
die Formen sind einfach, die Profile streng und sparsam;
überall waltet ein feiner und kultivierter Geschmack.
Die Materialien sind gediegen; kaukasisches Nußbaum-
holz und Birnbaum- mit Kirschbaumholz. Offnet man
eine Türe, oder zieht man eine Schublade heraus, so
bemerkt man überall eine solide handwerkliche Ausfüh-
rung, die auch das Detail mit liebevoller Sorgfalt umgibt.
Bei näherem Zusehen nimmt man auch mancherlei feine
Nuancen wahr, die der Künstler da und dort verborgen
hat: die eigenartige Linienführung einer Schranktüre
etwa oder der rote Lack an den Griffen einer sonst
braungetönten Anrichte oder im Schlafzimmer die Nei-
gung zu kurviger Gestaltung, die daran erinnert, daß
das radikale Dogma der Kuben hier keine Geltung hat.

In der Tat enthalten diese schlichten Möbel einen
intimen Reiz, der sich bei eingehenderer Betrachtung
immer mehr steigert und verfeinert. Und damit berühren
wir den wesentlichen Punkt, der die Bedeutung dieser
Ausstellung offenbart, denn diese Möbel sind trotz dieser
Besonderheiten als »Typenmöbel« gedacht, sie sollen
serienmäßig und im rationellen Verfahren hergestellt
werden, sodaß es möglich ist, das einzelne Zimmer zu
einem erträglichen Preis abzugeben. Jeder der drei
Räume, die hier ausgestellt sind, — es ist ein Schlaf-
zimmer (S. 98—99), ein Speisezimmer und ein Herren-
Zimmer — kostet RM. 1.800. —, was im Verhältnis zum
Qualitäts- und Materialwert tatsächlich als erstaunlich
billig zu betrachten ist. Es war die Absicht der »Ver-
einigten Werkstätten«, einen Möbeltyp zu schaffen, der
den Ansprüchen des »Mittelstandes« entgegenkommt
und seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entspricht.



Die Leistung des Künstlers, der es verstanden hat,
trotz der engen Bindung, die ihm das rationalisierte Her-
stellungs-Verfahren und der niedrige Preis auferlegten,
Räume von individueller Eigenart und von geschmack-
licher Vollendung zu schaffen, ist nicht geringzuschätzen.
Die von den »Vereinigten Werkstätten« ausgestellten
Räume erhalten noch dadurch eine besondere Abrundung,
daß auch die Teppiche, die Vorhänge, Tapeten und was
sonst zur Ausstattung gehört, vom selben Künstler ent-
worfen sind. . Diese Einrichtungen halten sich gleich weit
von Stil-Nachempfindung, wie von seelenloser Konstruk-
tion fern, und man möchte hoffen, daß dies das Ziel sei,
dem die Entwicklung zustrebt......dr. c. m. freund.
 
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