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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 39.1928

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Michel, Wilhelm: Handeln im Rechten Augenblick: der Mensch muss sich ganz einsetzen
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Drost, Willi: Die Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.11738#0210

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HANDELN IM RECHTEN AUGENBLICK

der mensch muss sich ganz einsetzen

Der Augenblick, d. h. die Zeit als der »bestimmt
geartete Moment«, spielt im Leben eine sehr wich-
tige Rolle. Echtes Leben, von diesem Standpunkt aus
betrachtet, ist charakterisiert als ein Leben von Augen-
blick zu Augenblick, von Lage zu Lage; als ein stets
einmaliges Leben, als ein konkretes, zu bestimmten
Situationen und Momenten gehöriges Handeln.



Denn die Situationen und bestimmten Augenblicke
sind unablösbare Bestandteile unsrer Wirklichkeit; sie
gehören mit zum seelischen Befund. Wir handeln falsch,
wenn wir ihnen nicht Rechnung tragen. Wir müssen jede
unsrer Handlungen frisch, als eine neugeborene Handlung
aus der jeweiligen Situation heraufsteigen lassen, erstmalig
und unwiederholbar; nur dann ist sie echt und zugleich
verbindlich, nur dann ist sie erlösend und imstande, neue
Situationen mit neuen Handlungs-Antrieben zu schaffen.

*

Wie mancher zögert schattenhaft in einer Situation
herum und kommt nicht über sie hinaus, bloß weil er nie
gewagt hat, einmal radikal aus dieser Situation heraus
zu handeln! Es gehört aber zum ersten, was ein handeln-
der Mensch begreifen muß, daß wir nur solche Situa-
tionen wahrhaft hinter uns bringen, die wir ent-
schlossen durchgelebt haben. Es muß jeder einmal
die notwendige Erfahrung machen, daß viel besser als
ein Quacksalbern an unerwünschten Zuständen ein ech-
tes Handeln, ein echtes Leiden ist, weil nur dadurch
definitive Zusammenstöße und Verwundungen, aber auch
die wirksamen Gegenkräfte hervorgerufen werden.

Wer je etwas von einem unschuldigen Leben geahnt
hat, der weiß, daß sich der Mensch in ihm nicht sparen
und zurückhalten, sondern einsetzen und hingeben
muß, auch auf die Gefahren des Irrens und des Selbst-
widerspruchs hin. Auch das echte Leben kann irren.
Aber es weiß den Sinn des Irrens, der darin liegt, daß
wir durch den Versuch, falsch zu leben, desto gewisser
und schmerzlicher mit der Wahrheit zusammenstoßen. .

*

Auch das echte Leben kann zu Zeiten mit sich selbst
in Widerspruch geraten, und es wird sich um die Qual die-
ses Widerspruchs so wenig herumdrücken wie um irgend
etwas andres, das ihm zum Leben aufgegeben wird.
Aber gerade deswegen wird der Widerspruch in ihm
schaffen und wühlen als eine wirkliche Kraft und wird
so den Menschen wandeln, ihn in eine neue Lage und
womöglich zum Rechten führen. . . . Wilhelm michel.



DIE KUNST ist ein Teilgebiet der gesamten schöpferi-
schen Reaktion des Menschen. Dieselbe Kon-
sequenz, die der Mensch in den übrigen Lebensäuße-
rungen zu erkennen gibt, wird auch im Kunstwerk
vorhanden sein; nicht nur seine Weltanschauung, sein
Weltbegriff, sondern überhaupt seine ganze geistige
schöpferische Tätigkeit, die Auswahl, die er unter den
Dingen trifft, die Art, wie er sie verknüpft, wie er den
Stoff bewältigt und formt, alles das erhält das genau-
este Analogon in der Gestaltung des Kunstwerkes. So-
mit stellt das Kunstwerk ein sinnliches Abbild sei-
ner Lebenshaltung und Gestaltung dar. . . willi drost.

ARCHITEKT WALTHER SOBOTKA-W1EN. SPEISEZIMMER-SESSEL. MAHAGONI MIT LEDERBEZUG
 
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