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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 39.1928

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Wenzel, Alfred: Gedanken über Tradition, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11738#0212

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189

t

architekt walther sobotka-w1en eingebauter sekretär im schlafzimmer

GEDANKEN ÜBER TRADITION

(schluss)

Man muß überkommene Formkonventionen auf ihren zubringen, dann wird er auch bald viele Vorurteile und
lebendigen Gehalt prüfen; man muß sie entschlossen Konventionen aufgeben. Denn er wird finden, daß ihm
ablegen, wenn sie wertlos sind, man soll aufrichtig sein, das Neue entspricht. Er wird in die neue Wohnform,
Und man soll jene Bestrebungen ernstgesinnter Archi- die ihm vorgeschlagen wird, hineinwachsen, und er wird
tekten, deren Bemühen ganz auf solche Wegbereitung sie, da sie ihm konform ist, als selbstverständlich empfin-
hin gerichtet ist, nicht mit modischen Erscheinungen ver- den. — Von diesem Punkte nähme eine Entwicklung
wechseln. Man soll auch nicht der neuen Gesinnung ihren Anfang, die in sich gesichert wäre, weil ihre Wurzeln
Nüchternheit zum Vorwurf machen, weil sie auf das bis- im Wertbereich des Allgemeingültigen liegen; Entwick-
her bequem Geübte Verzicht leistet, man soll sich vor lung nicht im Sinne experimentierender Veränderungen,

ihrer Enthaltsamkeit nicht bekreuzigen. Man soll vor sondern als organische Entfaltung............

allem nicht fürchten, daß der moderne Architekt den *

friedlichen Bürger zur Unterordnung unter ein — wie er Und wenn man — mit dem Blick auf frühere Zeiten

annimmt — selbstherrliches Künstlertum zwingen will, und andere Länder, — dagegen einwenden würde, daß

★ Tradition »von selbst« entstehen müsse, so wäre darauf
Man sieht vielfach noch nicht, daß es sich bei den Be- zu sagen: daß es nur wieder unserer Bewußtseinslage ent-
mühungen des wahrhaft modernen Architekten, mehr als spricht, wenn wir nicht die Hände in den Schoß legen
irgendwann, gerade um das Moment handelt: für den und warten, bis es etwa einmal geschähe, sondern den
Bewohner als modernen Menschen zu arbeiten. Daß Wurzeln einer Lebensform, die wir als uns und der Zu-
er nur ein Selbstverständliches anstrebt, von den kunft adäquat erkannten, den Boden bereiten. Der moderne
meisten, für die er schafft, aber noch nicht verstanden Mensch zieht aus erkannten Notwendigkeiten seine Kon-
wird, liegt daran: daß er als intuitiv schöpferischer Sequenzen, indem er handelt. Dr.alfredwenzel.
Künstler das Wesen des modernen Menschen als Typus, *

und damit alles das, was zu ihm gehört, in seiner Ganz- "T^vER ökonomische Nutzen einer Sache hängt nicht nur

heit und viel eher erfaßt hat, als der andere. Gelingt es L J von deren Beschaffenheit ab, auch von der Anzahl

dem Bürger nun, dem Architekten Vertrauen entgegen- Menschen, die sie gebrauchen können und wollen, ruskin.
 
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