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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 39.1928

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Fankhauser, Alfred: Vom Geist des Käufers: ein Problem unserer Zeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.11738#0289

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266

INNEN-DEKORATION

ARCHITEKT FRANZ REISKY - STUTTGART HERRENZIMMER. ZEBRANO MIT K1RSCHHOLZ

VOM GEIST DES KAUFERS

EIN PROBLEM UNSERER ZEIT

Wenn der Käufer seine Waren aussucht, legt er Zeug-
nis ab über seine Bedürfnisse. . Seine Nachfrage
ist sein Bekenntnis. . Erstandener Kitsch bezeugt kit-
schige Gesinnung. Erstandene Qualität bezeugt Qualität
der Gesinnung. . Jeder unter uns Millionen trägt, wenn
er zu Markte geht und kauft, seine Gesinnung zur Schau. .
Verlangen wir Käufer jahrzehntelang minderwertige
Ware, so stellt sich der Erdkreis auf die Herstellung
minderwertiger Ware ein. Verlangen wir aber wertvolle
Gegenstände, so ist allen denen, die Wertvolles schaffen
möchten, Gelegenheit gegeben, so zu arbeiten, wie es
ihrem innersten Bedürfnis entspricht. Wir Millionen
sind also die Lenker der wirtschaftlichen Produktion.
Sind wir in Geschmack und Bedürfnis verdorben, so
verderben wir unweigerlich auch die Produktion. . . .



Wenn Millionen in wirtschaftlichen Bindungen das
Unschöpferische ausüben und in sich den Instinkt für das
wertvolle Schaffen absterben sehen und darum langsam
auch den Sinn verlieren für das, was der Mitmensch
gestalten möchte, dann verändert sich unsere Nachfrage
zu Gunsten des Unschöpferischen. . Langsam entziehen
wir dann aller schöpferischen Gestaltung den Boden. .
Es gibt eine »Proletarisierung« der Seele, die ist weit
verderblicher als die nur äußerliche, wirtschaftliche Prole-

tarisierung. Sie heißt: Schwund des Sinnes für die eigene
beste Leistung. Und sie hat zur Folge, daß sie nicht nur
das Ungefähre leistet, sondern sich mehr und mehr mit
dem Ungefähren begnügt, wenn sie kauft. Rettungslos
gleiten wir hinein in den Abgrund mechanischer Arbeit
— und ebenso mechanisch erzeugter Arbeitslosigkeit,
weil sich die Bedürfnisse heute zwangsläufig-mechanisch
nur nach den billigsten Effekten und dem absolut Not-
wendigsten und billig Hergestellten richten dürfen. . .



Binnen kurzem werden unsere Industrien die notwen-
digsten Bedarfsartikel sozusagen mit wenigen Hebel-
drücken erzeugen, und wir alle feiern und haben nur noch
die Wahl, ewig instinktlos nach neuen, billigen, von der
Maschine mit abermals zehn Hebeldrücken fertig zu-
stellenden Massenartikeln zu verlangen, — oder aber die
vorhandenen Mittel nach unerhört wertvollen Dingen
auszuwerfen, an deren Schöpfung sich Millionen bisher

seelisch Feiernder wieder beteiligen können......



»Hebung der Massenkauf kraft« ist ein Zugeständnis
des Besitzes an die Forderungen der arbeitenden Massen.
Das beständige Wachsen der Kaufkräfte ist damit als
Grundvoraussetzung einer wachsenden Produktion, aber
auch notwendig als Grundvoraussetzung einer fortschrei-
 
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