Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 39.1928
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Havemann, Hans: Zweckform und Charakter: zu Arbeiten von Professor Paul Giesser
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INNEN-DEKO RATION
PROFESSOR PAUL GRIESSER - BIELEFELD WOHNZIMMER. Dr. S. AUSFÜHRUNG: H.RONS1ECK
ist am einleuchtendsten bei Sitz- und Liege- Auswahl und Verwendungsart des Materials be-
möbeln. Der Bildeindruck ist zunächst weniger stimmten. Je einfacherundregelmäßigerdieFormen
wichtig als die Art, wie sie den Körper tragen sind, um so stärker vermag das Material zu wirken,
und umfassen, wie er aufstehen, sich setzen und um so geheimnisvoller aber ist die Bejahung, die
sich um sie bewegen kann. Das Bild befriedigt aus beidem eine Einheit macht, so daß das Material
dann, weil es die Art der Bequemlichkeit, das nicht willkürlich eine Unruhe hineinträgt, sondern
körperliche Wohlgefühl auch visuell ausdrückt, den Sinn der Form lebendig erfüllt. Nur ein kaum
Das Gleiche gilt jedoch auch für Tische, Schränke, erlernbares Verstehen, ein sicherer Instinkt vermag
Türen, Schubfächer. Auch um sie und an ihnen hier die vollkommensten Wirkungen zu erzielen,
bewegt man sich und ihre Form, Anordnung und So wird es verständlich, wenn einzelne moderne
Aufteilung, Schwere oder Leichtigkeit stört oder Möbelgestalter bei allem Sinn für Formharmonie
hebt das Wohlgefühl, und zwar mehr oder weniger und bei aller Vereinfachung doch immer wieder
je nach der Wesensart des Besitzers........ heimliche Anleihen beim Dekorativen machen,
Dieses Moment der Bequemlichkeit, der »An- während andere ohne erkennbare Hilfsmittel ihren
passungandasTemperament« desMenschengenügt Möbeln ein charaktervolles Gepräge geben und die
freilich allein nicht, um einem Möbel Charakter zu Inhaltsleere abstrakter Form völlig überwinden,
verleihen. Doch man soll es nicht unterschätzen. Das Geheimnis des Erfolges, der den Arbeiten
An einem guten Möbel erkennt man das Wesen von Prof. Paul Grießer-Bielefeld in wachsendem
dessen, der es besitzt oder besitzen sollte, es soll Maße zu Teil wird, liegt zweifellos in der Fähigkeit
etwas von seinem Charakter an sich haben. Nicht dieses Künstlers, den beiden erörterten Momenten
weniger wesentlich aber ist die Beziehung von gerecht zu werden. In größter Schlichtheit und
Form und Material. Selbst die Struktur, Maserung unter Verzicht auf Ornament baut er aus strengen
und Farbe von Hölzern kann zu etwas äußerlich Kuben, klaren Linien und Flächen die Zweckformen
Dekorativem werden, wenn nicht die in ihrem Zu- seiner Möbel auf. Dennoch sind diese so mit dem
sammenklang begriffenen Formen des Möbels die körperlichen Wohlgefühl bestimmter menschlicher
INNEN-DEKO RATION
PROFESSOR PAUL GRIESSER - BIELEFELD WOHNZIMMER. Dr. S. AUSFÜHRUNG: H.RONS1ECK
ist am einleuchtendsten bei Sitz- und Liege- Auswahl und Verwendungsart des Materials be-
möbeln. Der Bildeindruck ist zunächst weniger stimmten. Je einfacherundregelmäßigerdieFormen
wichtig als die Art, wie sie den Körper tragen sind, um so stärker vermag das Material zu wirken,
und umfassen, wie er aufstehen, sich setzen und um so geheimnisvoller aber ist die Bejahung, die
sich um sie bewegen kann. Das Bild befriedigt aus beidem eine Einheit macht, so daß das Material
dann, weil es die Art der Bequemlichkeit, das nicht willkürlich eine Unruhe hineinträgt, sondern
körperliche Wohlgefühl auch visuell ausdrückt, den Sinn der Form lebendig erfüllt. Nur ein kaum
Das Gleiche gilt jedoch auch für Tische, Schränke, erlernbares Verstehen, ein sicherer Instinkt vermag
Türen, Schubfächer. Auch um sie und an ihnen hier die vollkommensten Wirkungen zu erzielen,
bewegt man sich und ihre Form, Anordnung und So wird es verständlich, wenn einzelne moderne
Aufteilung, Schwere oder Leichtigkeit stört oder Möbelgestalter bei allem Sinn für Formharmonie
hebt das Wohlgefühl, und zwar mehr oder weniger und bei aller Vereinfachung doch immer wieder
je nach der Wesensart des Besitzers........ heimliche Anleihen beim Dekorativen machen,
Dieses Moment der Bequemlichkeit, der »An- während andere ohne erkennbare Hilfsmittel ihren
passungandasTemperament« desMenschengenügt Möbeln ein charaktervolles Gepräge geben und die
freilich allein nicht, um einem Möbel Charakter zu Inhaltsleere abstrakter Form völlig überwinden,
verleihen. Doch man soll es nicht unterschätzen. Das Geheimnis des Erfolges, der den Arbeiten
An einem guten Möbel erkennt man das Wesen von Prof. Paul Grießer-Bielefeld in wachsendem
dessen, der es besitzt oder besitzen sollte, es soll Maße zu Teil wird, liegt zweifellos in der Fähigkeit
etwas von seinem Charakter an sich haben. Nicht dieses Künstlers, den beiden erörterten Momenten
weniger wesentlich aber ist die Beziehung von gerecht zu werden. In größter Schlichtheit und
Form und Material. Selbst die Struktur, Maserung unter Verzicht auf Ornament baut er aus strengen
und Farbe von Hölzern kann zu etwas äußerlich Kuben, klaren Linien und Flächen die Zweckformen
Dekorativem werden, wenn nicht die in ihrem Zu- seiner Möbel auf. Dennoch sind diese so mit dem
sammenklang begriffenen Formen des Möbels die körperlichen Wohlgefühl bestimmter menschlicher