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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 39.1928

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Ritter, Heinrich: Licht und Schatten
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https://doi.org/10.11588/diglit.11738#0389
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366

INNEN-DEKO RATION

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BILDHAUER KNUT ANDERSON-MÜNCHEN STUCCO-RELIEF. KÖNIGIN BAR-NÜRNBERG

»LICHT UND SCHATTEN

«

Man sieht sie auf Rembrandt'schen Blättern ein- seinem ewigen Wege von der Höhe zur Tiefe eine
anderbegegnen, die großen Mächte desLichtes Materie entgegen, die vom Lichte sinnvoll umspült
und der Nacht, auch in jenen Zeichnungen des und als Gestalt gedeutet wird. Der Plastiker »faßt«
Mittelalters, in denen der Silberstift Taten des eine elementare Begegnung in einem ganz ähn-
Lichtes auf schwarzem Grunde schildert und Ge- liehen Sinne, wie etwa die modernste Technik die
bilde zuwege bringt, bei denen das begriffliche Meeresbrandung, die Begegnung von Wasser und
Wissen des Menschen um die auftauchenden Dinge Strandklippe, zu fassen und zu nutzen sucht. Plastik
kaum eine Rolle zu spielen scheint. Licht fällt in ist reiner Dialog zwischen Licht und Nacht: die
den schwarzen Abgrund, und zufällig nur scheint Formen und die Stoffe spielen dabei nur die eine
es dabei auf Menschengestalten zu treffen, die es Rolle, daß sie die Begegnung der beiden Mächte
mit hellem Kontur aus dem gährenden Dunkel her- mehr oder weniger sinnvoll, dramatisch und be-
aushebt. Da begreift man, daß das Licht tatsäch- deutsam gestalten können. . Auch für die Archi-
lich Schöpferkraft ist. Gerade wenn es der alten tektur gilt Ahnliches. In beiden Künsten wird nur
Nacht völlig frei und gleichsam ohne Vorwissen dann das Echte und Hohe geleistet, wenn der
des Menschen begegnet, enthüllt es sich als die Künstler nicht engherzig an der tastbaren Natur-
Gewalt, die die Geschöpfe anruft und feststellt, form und am Bauzweck entlang denkt, sondern
benennt und sichert. Im plastischen Kunstwerk tut wenn er sich und sein Werk in die Verschlingung
der Mensch nichts anderes, als daß er die Begeg- und Umarmung der beiden Urmächte hineingestellt
nung zwischen Licht und Nacht organisiert. Er weiß. Nur dann kommt er von der Buchstäblich-
bildet als Plastiker nicht etwa Naturformen buch- keit und Gebundenheit seines Tuns los, nur dann
stäblich nach, sondern er stellt dem Lichte auf fügt er sein Werk organisch in die Welt. h. ritter.
 
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