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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 39.1928

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Strich, Walter: Das Rationale und Irrationale
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Grimme, Karl Maria: Wand, Ecke und Raum
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https://doi.org/10.11588/diglit.11738#0500

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INNEN-DEKO RATION

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WERKSTÄTTEN HAUS & GARTEN-WIEN BADEZIMMER DER DAME. MARMOR-VERKLEIDUNG

wußtsein des absoluten Rechtes auf den verschie-
densten Wegen revoltiert wird. . Wo die Vernunft
siegt, bleibt eine Leere zurück, schwindet das
Gefühl für das Wesenhafte des Daseins. Wo der
Mensch aber sich ganz dem Irrationalen hingeben
will, muß er alle Werte opfern, die den Stolz und
die Existenz der europäischen Kultur ausmachen.

Wessen Liebe dem irrationalen Menschen gilt,
der wird den Weg zur Rationalisierung der euro-
päischen Kultur als Fluch empfinden. Wer sich zur
Vernunft bekennt, dem sind die Kulturstufen des
Ostens mit ihren irrationalen Bindungen bestenfalls
Vorstufen der Entwicklung. . Die Spannung zwi-
schen den beiden Polen des Rationalen und Irra-
tionalen — zwischen der Freiheit der sich selbst
behauptenden Form und der Erlösung von ihr — ist
das Grundproblem und der Ausgang der Kultur. .



In der Notwendigkeit der Konflikte und der
Unmöglichkeit einer endgültigen Entscheidung liegt
die Tragödie des Bewußtseins und der Geschichte
der Menschheit. Die Erhaltung des Lebens ver-
langt den rationalen Menschen; der Zweifel an
diesen Werten aber, die Sehnsucht nach der Freiheit
von der natürlichen Vernunft bleibt ewig wach.

walter strich, (in »der irrationali mknsch« vbrl. lambert Schneider.)

»WAND, ECKE UND RAUM«

In den achtziger Jahren wurden Tisch und Stühle
fast ausschließlich in die Mitte des Zimmers
gestellt. Die Gegenwart ordnet die Sitzgelegen-
heiten mit Vorliebe an den Wänden oder in den
Ecken an. Wenn Menschen in einen Raum treten,
etwa in ein Cafehaus, bevorzugen die meisten in-
stinktiv Plätze, die sich an der Wand befinden.
Hat die Wand unmittelbar hinter uns ein großes
Fenster, so stört das geradeso, als ob wir keine
Wand im Rücken hätten. . Vielleicht mag es ein
atavistisches Gefühl sein, vielleicht lebt die Angst
des Urmenschen, von rückwärts während der Ruhe
bedroht zu werden, als Rudiment in uns; jedenfalls
fühlen sich die meisten Menschen noch wohler,
wenn sich unmittelbar hinter ihrem Rücken eine
schützende Wand befindet. . Das Sitzen in der
Mitte eines Zimmers zwingt zu beständiger Selbst-
Kontrolle, es erfordert Haltung und gemessene Be-
wegungen. Gegen allen Zwang im eigenen Heim
wehren wir uns, wir wollen Entspannung und Be-
ruhigung. Der Wohnraum setzt sich daher aus
einer Reihe wohnlicher »Ecken« zusammen. Die
Wirkung als Wohnraum wird dadurch gesteigert,
die leere Mitte aber schafft Ruhe, karlmaria grimme.
 
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