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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 39.1928

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Gropius, Walter: Staffelung der Energien: von der neuen Einstellung zur Arbeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.11738#0503

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STAFFELUNG DER ENERGIEN

VON DER NEUEN EINSTELLUNG ZUR ARBEIT

Die primitivste volkswirtschaftliche Forderung
ist die, unsere Bedürfnisse ökonomischer,
d. h. mit geringerem Aufwand an Geld, Arbeit und
Material zu befriedigen durch immer mehr sich
steigernde Organisation. Dieser Trieb führle zur
Maschine, zur Arbeitsteilung, zur Rationalisierung;
Begriffe, die aus unserer Volkswirtschaft nicht
herauszudenken sind und die für das Bauen die
gleiche Bedeutung besitzen wie für alle anderen
Zweige menschlicher Betätigung. Daß wir noch
nicht Meister dieser neuen Mittel sind und das
Individuum infolgedessen noch unter ihnen leiden
muß, ist kein stichhaltiger Einwand gegen ihre Not-
wendigkeit. Aber je mehr wir aus Gründen der
Vernunft dazu getrieben werden, unsere Arbeit
zu mechanisieren, umso notwendiger muß das
Schöpferische in jedem Individuum gepflegt
und entwickelt werden; denn alle Mechanisie-
rung kann in ihrer letzten Auswirkung nur den
einen Sinn haben, das menschliche Individuum von
materieller Arbeit zur Befriedigung seiner Lebens-
bedürfnisse zu entlasten, damit Geist und Hand
für die höhere Leistung frei werden. Wäre die

restlose Mechanisierung Selbstzweck, so müßte
das Wichtigste, die lebendige volle Menschennatur
verkümmern, das menschliche Individuum, das
unteilbare, zu einer Teilnatur herabsinken. . . .

Hier entspringen die Wurzeln des Kampfes
zwischen der alten handwerklichen Kultur und
der neuen Maschinenkultur. Es ist unumgäng-
lich, daß die neue Zeit aus dem Handwerk und
dem Maschinenwerk eine neue, organische
Werkeinheit entwickelt. . Wo liegt das Trennende?
Nicht im Werkzeug, denn die Maschine ist nur eine
graduelle Steigerung des alten Handwerkszeugs,
sondern in der Arbeitseinheit hier und der Arbeits-
teilung dort. Der Kampf des heutigen Handwer-
kers richtet sich daher auch gar nicht gegen die
Maschine, deren Sinn und Wert er wohl erkennt,
sondern ihn bewegt die Furcht, seine Selbständig-
keit zu verlieren. Der Handwerker, typischer
Träger der mittelalterlichen Kultur, war in einer
Person Techniker, Künstler und Kaufmann; der
Werkprozeß lag von A bis Z in einer Hand, wäh-
rend der typische Industriearbeiter der Gegenwart
nahezu ohne persönlichen Einfluß auf die tech-
 
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