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Geron, Heinrich: Geschlossenheit
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.10703#0212
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INNEN-DEKO RATION
TR. S1MMEN & Cie.-BRUGG. ARCH. H. BUSER SCHLAFZIMMER Dr. D.-ZÜRICH. MAHAGOH1
»GESCHLOSSENHEIT«
Wenn man prüfend die Gestaltungen der Archi-
tektur und der Inneneinrichtung aus den
letzten Jahren überblickt, so fällt einem durch-
gehends eine starke Tendenz zur Geschlossen-
heit auf. Ganz allgemein gesprochen haben die
heutigen Lösungen eine größere Ausgewogenheit
als je zuvor; sie sind sicherer in sich gefestigt,
bestimmter ausbezogen, reiner auf sich gestellt.
Man betritt ein Zimmer und spürt unmittelbar:
hier ist ein Raumwesen für sich, die Türen schie-
ben die Außenwelt nicht herein, sondern halten
sie an der Schwelle gebannt; die Fenster reißen
den Raum nicht hinaus, sie überschreiten ihre
Funktion als Atem- und Sehorgan nicht; die
Wände beengen nicht, sondern wirken wie eine
gesetzmäßige Beschwichtigung, sie beschließen
und umreißen ein eignes Reich. Man sieht sich
um und hat sogleich das Gefühl, daß die Dinge
richtig dastehen; der Raum hat keine Löcher oder
Lücken; im tadellosen Winkelverhältnis zur Wand
steht hier das Bett; durch Abschlußleisten sind
dort Grenzen gezogen, die nur ein ausgesproche-
ner Willkürakt nicht erkennen würde. Man geht
etwa um ein modernes Haus, und findet, diese
Baumasse ist kristallhaft, klarkantig, nicht von
außen her geprägt, sondern von innen heraus
gewachsen. Vor ein paar Jahren noch empfand
man eine Art Befremdung vor Häusern mit
flachen Dächern; man hatte, um den Einwand mit
einem Witz wort auszudrücken, das Gefühl, daß
diese Häuser die hutlose Mode mitmachten. Die-
ser Widerspruch, soweit er kein Vorurteil war, ist
überwunden; es mag sein, daß unser Sehen sich
gewöhnt hat, aber die altbewährte Anschauungs-
Methode durch Vergleich beweist, daß an heu-
tigen Wohnbauten der Abschluß noch oben besser
und bestimmter und viel müheloser gelöster ist.
Den stärksten Eindruck architektonischer Kör-
perhaftigkeit in diesem Sinne hat man in den Neu-
bau-Sektionen unserer Großstädte. In den Sied-
lungen gibt es ganze Baublöcke und Straßen-
blöcke, die ein geschlossenes Straßenbild darbie-
ten, eine Sache, die man vor wenig Jahren nicht
einmal zu träumen gewagt hätte. . Heinrich geron.
INNEN-DEKO RATION
TR. S1MMEN & Cie.-BRUGG. ARCH. H. BUSER SCHLAFZIMMER Dr. D.-ZÜRICH. MAHAGOH1
»GESCHLOSSENHEIT«
Wenn man prüfend die Gestaltungen der Archi-
tektur und der Inneneinrichtung aus den
letzten Jahren überblickt, so fällt einem durch-
gehends eine starke Tendenz zur Geschlossen-
heit auf. Ganz allgemein gesprochen haben die
heutigen Lösungen eine größere Ausgewogenheit
als je zuvor; sie sind sicherer in sich gefestigt,
bestimmter ausbezogen, reiner auf sich gestellt.
Man betritt ein Zimmer und spürt unmittelbar:
hier ist ein Raumwesen für sich, die Türen schie-
ben die Außenwelt nicht herein, sondern halten
sie an der Schwelle gebannt; die Fenster reißen
den Raum nicht hinaus, sie überschreiten ihre
Funktion als Atem- und Sehorgan nicht; die
Wände beengen nicht, sondern wirken wie eine
gesetzmäßige Beschwichtigung, sie beschließen
und umreißen ein eignes Reich. Man sieht sich
um und hat sogleich das Gefühl, daß die Dinge
richtig dastehen; der Raum hat keine Löcher oder
Lücken; im tadellosen Winkelverhältnis zur Wand
steht hier das Bett; durch Abschlußleisten sind
dort Grenzen gezogen, die nur ein ausgesproche-
ner Willkürakt nicht erkennen würde. Man geht
etwa um ein modernes Haus, und findet, diese
Baumasse ist kristallhaft, klarkantig, nicht von
außen her geprägt, sondern von innen heraus
gewachsen. Vor ein paar Jahren noch empfand
man eine Art Befremdung vor Häusern mit
flachen Dächern; man hatte, um den Einwand mit
einem Witz wort auszudrücken, das Gefühl, daß
diese Häuser die hutlose Mode mitmachten. Die-
ser Widerspruch, soweit er kein Vorurteil war, ist
überwunden; es mag sein, daß unser Sehen sich
gewöhnt hat, aber die altbewährte Anschauungs-
Methode durch Vergleich beweist, daß an heu-
tigen Wohnbauten der Abschluß noch oben besser
und bestimmter und viel müheloser gelöster ist.
Den stärksten Eindruck architektonischer Kör-
perhaftigkeit in diesem Sinne hat man in den Neu-
bau-Sektionen unserer Großstädte. In den Sied-
lungen gibt es ganze Baublöcke und Straßen-
blöcke, die ein geschlossenes Straßenbild darbie-
ten, eine Sache, die man vor wenig Jahren nicht
einmal zu träumen gewagt hätte. . Heinrich geron.