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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 42.1931

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Schiebelhuth, Hans: Alter und neuer Raumbegriff, [1]: ein Beitrag zur neuzeitlichen "Wohnkunde"
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https://doi.org/10.11588/diglit.10795#0028

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INNEN-DEKORATION

ARCHITEKT FRITZ RE1CHL IN WIEN WOHNZIMMER MIT WINTERGARTEN. HAUS H.

ALTER UND NEUER RAUM-BEGRIFF

EIN BEITRAG ZUR NEUZEITLICHEN »WOHNKUNDE«

In der Klassik galt der Raum als vollkommen
»festes Gefüge«. Er wurde vom Schaffenden
und vom Beschauer als unverrückbarer Bestand
begriffen. Er war geschaffene Ruhe, durch das
ewig geglaubte Walten der statischen Gesetze
bestimmt und gesichert. Seine Einrichtung ent-
sprach der gültigen Weltidee und Lebenshaltung:
zeremonielle Gliederung um die verdeutlichte
Mitte, Gruppierung der Massen auf Strenge und
Geschlossenheit, perspektivische Einsicht von
einem einzigen Blickpunkt aus. . Der moderne
Raum ist dagegen »freizügig«-lose, rhythmisch-
gelenk geworden. Er blieb nicht feierlicher Rah-
men und stummes Bild, sondern wurde Ausdruck
des stündlich wechselnden Funktion-Anspruchs.
Er ist dem latenten Behausungsvorgang dienstbar
gemacht, dem jeweiligen psychologischen, visu-
ellen oder »haptischen« Bedürfnis entsprechend.
Der Begriff der Zeit und Wandelbarkeit be-
zeugt sich stark in seiner Gestaltung: er richtet sich

weniger auf die ästhetisch-beschauliche Beruhi-
gung, als nach der leiblichen Beweglichkeit des
Wohners. Er wird von Grund aus dynamisch ge-
staltet und erlebt, ist also: »dynamischer Raum«.

Die entwickelten Gegensätze und Unterschiede
lassen sich knapp dahin formulieren: früher Be-
wertung aus ästhetischer und metaphysischer Ge-
bundenheit, heute Bewertung durch den rationalen
Sachsinn und das Tätig-Praktische. Einst behut-
sam statisch geordnetes »Gehäuse«, jetzt beweg-
liches, angepaßtes »Zweckgefüge«. Damals
»starres Sein«, nunmehr: »relative Ordnung«.



Dieser Wandel in der Auffassung des Raum-
problems ist durch die Leistungen der modernen
Architektur offenbar geworden. Fraglos haben
die Meister nach »Theorien« gearbeitet, aber hier
ist wohl zu behalten, daß ein Baukünstler ledig-
lich in demselben Sinn »RaumWissenschaftler« ist,
in dem etwa ein Dichter Poetik treibt: letzten

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